Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte in Riga zwar, er sei zufrieden mit den Erklärungen des EU-Nachbarschaftsgipfels. Dabei hat er nichts von dem bekommen, worauf seine Regierung gehofft hatte - nur schöne Worte. Er führt ein Land, das sich in einer lebensgefährlichen Abwärtsspirale bewegt. Aber die Union ist nicht bereit, dem entschlossen entgegenzutreten.

Sie lässt Kiew - trotz Assoziation - an der ausgestreckten Hand "verhungern". Dem vorläufigen Platzen des EU-Abkommens Ende 2013, das damals "Go West", Wohlstand im Binnenmarkt versprach, folgten der Aufstand der (prowestlichen) Jugend, das Eingreifen Moskaus, Bürgerkrieg, die Annexion der Krim, die Kämpfe der Armee mit prorussischen Separatisten um die Ostukraine, das Einbrechen der Wirtschaft, Flucht der Investoren, wachsende Not der Bevölkerung. Von echtem Frieden und Selbstbestimmung ist keine Spur. Riga markiert eher das Gegenteil.

Die EU-Regierungschefs, die den Ukrainern (und den 30 Millionen Menschen in fünf anderen ehemaligen GUS-Republiken) schöne Augen machten, traten bei den "Ostpartnerschaften" den Rückzug an. Nun rächt sich, dass das Konzept von vornherein nicht zu Ende gedacht, die Rolle Russlands nicht einkalkuliert war. Jetzt gilt "European Realpolitik". Der Union ist es wichtiger, sich mit Präsident Wladimir Putin zu arrangieren, als in einen Sanierungsfall wie die Ukraine zu investieren - materiell wie immateriell. (Thomas Mayer, 21.5.2015)