Im antiken griechischen Drama folgte auf die Wucht der Tragödie stets das Satyrspiel, eine heitere, oft stark erotisch geprägte Entlastung. Im gegenwärtigen politischen Griechenland scheint das Satyrspiel schon vor oder zumindest gleichzeitig mit der Tragödie aufgeführt zu werden.

Hauptakteur ist der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. In einem Gespräch mit der New York Times wurde er damit konfrontiert, dass ihn europäische Finanzministerkollegen in der letzten Sitzung aus Frust über sein substanzloses Theoretisieren als "Zeitverschwender", "Zocker" und "Amateur" beschimpft hätten.

Gar nicht wahr, sagte Varoufakis zu der Reporterin, er habe die Sitzung heimlich aufgezeichnet (mit dem Smartphone). Später dementierte er die Story nicht.

Varoufakis ist ein interessanter Linksintellektueller. Das Problem ist nur, dass er seit seinem Amtsantritt darüber doziert, dass man das gesamte "kapitalistische" System der EU verändern müsse, dass die linksradikale Syriza eine europäische Neuordnung zustandebringen wolle. Seine eigentliche Aufgabe, nämlich den Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden, das Steuersystem zu ordnen und den Kapitalabzug von Griechenlands Sparern zu stoppen, hat er bisher nonchalant ignoriert.

Das ist die - kurz bevorstehende - Tragödie. In der Euro-Gruppe die Kollegen aufzuzeichnen ist das Satyrspiel. (Hans Rauscher, 21.5.2015)