Offenbar geht ja doch etwas zwischen Ärztevertretern und der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely: Für die Mediziner in den Ordensspitälern wurde nun ein Kollektivvertrag abgeschlossen, den sogar die Wiener Ärztekammer als "herzeigbaren Kompromiss" bezeichnet. Die Verhandlungspartner sprachen von einer sachlichen Atmosphäre und konstruktiven Gesprächen.

Zumindest das sollte Vorbild für die städtischen Spitäler sein. So wie bisher kann es, auch im Sinne der Patienten, nicht weitergehen. Wehsely und Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres haben schlecht miteinander begonnen, es ging schlechter weiter, und heute, Freitag, könnte der Tiefpunkt erreicht sein, wenn die Streikabstimmung für Ärzte am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) startet.

Dabei wird man den Eindruck nicht los: Hier wird Rechthaberei auf dem Rücken der Patienten ausgetragen. Szekeres reitet seit Wochen darauf herum, dass Wehsely vorhabe, hunderte Planstellen zu reduzieren - was diese als polemisch zurückweist und obendrein darauf pocht, dass Szekeres bewusst falsch rechne. Wehsely wiederum trägt Szekeres nach, dass er auf einer eigens geschaffenen Homepage gegen das mühsam ausverhandelte Ärztearbeitszeitgesetz polemisieren ließ. Will man wirklich zu einer Lösung kommen, sollte man diese Ebene der persönlich gemeinten Vorwürfe schleunigst wieder verlassen und tief durchatmen.

Es ist kein kleiner Erfolg (auch für die Gewerkschaft), dass 780 Ärztinnen und Ärzte, die in Ordensspitälern arbeiten, erstmals einen Kollektivvertrag haben, der die teils massiven Einkommensunterschiede begradigt und für einheitliche Arbeitszeitregelungen sorgt. Dass es dazu kam, hat auch damit zu tun, dass die Betroffenen dies auch wirklich wollten und konstruktiv an einer Lösung arbeiteten. Die Ärztevertreter in den Verhandlungen nahmen ihr Verhandlungsmandat wahr, handelten einen Kompromiss aus und standen am Donnerstag in einer Pressekonferenz auch dazu. So kann Personalvertretung aussehen.

Anders die Kurie der angestellten Ärzte, die zweimal die Verhandlungsführung austauschte und am Ende nach "Basisdemokratie" und "Urabstimmung" rief - was zeigt, wie wenig hier überhaupt eine Neuorganisation des Krankenhausalltags gewollt wird. Der Anspruch, man könne für jeden einzelnen Arzt und jede einzelne Ärztin in KAV-Spitälern die passende Regelung finden, ist weltfremd.

Dass sich auf der Forderungsliste auch höhere Gehälter für Primarärzte finden und ausschließlich Dienstzeiten, die sich "mit dem restlichen Leben der Ärzte vereinbaren lassen", klingt fast schon skurril: Primarärzte zählen wohl nicht zu den jungen, ausgebeuteten Medizinern mit Jungfamilien, die von der Ärztekammer beschützt werden müssen. Obendrein: Die Arbeitszeit optimal an das restliche Leben eines Angestellten anzupassen, das fordert nicht einmal die sonst gar nicht schüchterne Beamtengewerkschaft.

Übrig bleibt: Die Wiener Ärztekammer und die Wiener Gesundheitsstadträtin sollten sich schleunigst einigen, und dann darauf schauen, dass das von Wehsely angepeilte Ziel, "mehr Personal am Tag in Ambulanzen und auf Stationen", auch erreicht wird. Kranke Menschen haben sich weder stundenlange Wartezeiten noch überarbeitete Ärzte verdient. Sie brauchen ein Ende der Rechthaberei. (Petra Stuiber, 21.5.2015)