Bild nicht mehr verfügbar.

Serbiens Präsident Tomislav Nikolić denkt laut über die Wiedereingliederung des Kosovo in den serbischen Staatsverband nach.

Foto: AP / Darko Vojinovic

Belgrad/Prishtina - Der Kosovo wird für immer und ewig ein Bestandteil Serbiens bleiben. So in etwa steht es in der serbischen Verfassung, entsprechend ist auch die offizielle Kosovo-Politik Belgrads: Die "südserbische Provinz" will man unter gar keinen Umständen anerkennen.

Zumindest formal ist es so. In der Praxis ist die serbische Regierung in den vergangenen Jahren jedoch auf viele Kompromisse eingegangen, die de facto die Unabhängigkeit des Kosovo abrunden. Dies war auch eine Bedingung für die Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen im Jänner 2014, seither ist die Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Prishtina Voraussetzung für den europäischen Integrationsprozess Serbiens geblieben. In Belgrad spricht man daher immer öfter das eigentlich unaussprechbare aus: Bis zur Aufnahme in die EU führt kein Weg an der vollen Anerkennung des Kosovo vorbei.

Von der EU vor die Wahl gestellt

Das jedoch geht dem Staatspräsidenten Serbiens, Tomislav Nikolić , zu weit. Sollte Serbien vor die Wahl "Kosovo oder EU" gestellt werden, werde man auf die EU verzichten müssen, pflegt Nikolić nach wie vor zu sagen. Am Dienstag übergab er der Regierung ein entsprechendes Positionspapier.

Laut serbischen Medien soll dort unter anderem stehen, dass international bekannte Autonomiemodelle im Kosovo angewendet werden könnten, wie etwa das Modell Südtirols oder das der Republika Srpska in Bosnien. Im mehrheitlich von Serben bewohnten Nordkosovo sollte die Verfassung Serbiens gültig sein, im restlichen Kosovo die kosovarische - ausgenommen serbische Enklaven, die wiederum einen Sonderstatus haben sollten.

Der Ball liegt nun bei der serbischen Regierung. Nur wenn sie den Vorschlag annimmt, wird dieser dem Parlament zur Abstimmung weitergereicht. Es ist offensichtlich, dass sich Präsident Nikolić von der "zu" prowestlichen Politik von Ministerpräsident Aleksandar Vučić distanzieren möchte. Zwischen beiden Politikern brodelt seit Monaten ein Machtkampf. Das kaum realistische Papier von Nikolić scheint nur ein Werkzeug in diesem Spiel zu sein.

Verhaltene Reaktionen

Im Kosovo folgte auf die Aussage von Nikolić langes Schweigen. Die kosovarische Präsidentin Atifete Jahjaga sagte am Mittwoch bloß, dass die bereits getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Kosovo und Serbien bedeutend seien, und dass sie sich für eine vollständige Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern einsetze, wie sie auch von der EU gefordert wird. Jahjaga sagte zudem, strategisches Ziel des Kosovo sei eine Mitgliedschaft im Europarat. Bisher wurde der Kosovo von 109 der 193 UN-Staaten anerkannt.

Die Gespräche unter EU-Vermittlung zwischen dem Kosovo und Serbien laufen weiter. Der Kern des April-Abkommens, das die Integration des serbisch besiedelten Nordkosovo in den kosovarischen Staat vorsieht, wurde noch nicht umgesetzt. Dabei handelt es sich um die Bildung einer Vereinigung der serbischen Gemeinden im Nordkosovo. Deren Stellung wird aber von der Regierung in Belgrad und jener in Prishtina unterschiedlich gesehen. (Andrej Ivanji, Adelheid Wölfl, 21.5.2015)