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Der Grüne Peter Pilz erklärt Innenministerin Mikl-Leitner vor der Aktuellen Stunde den jüngsten Datenskandal – um wenig später seiner Community zu zwitschern: "Die Innenministerin versucht verzweifelt zu beschönigen."

Foto: APA / Roland Schlager

Wien – Falls der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) tatsächlich mit dem US-Geheimdienst NSA Österreichs Leitungen angezapft hat, dürften seine Bediensteten Mittwochvormittag noch größere Ohren bekommen haben. Denn im Parlament löcherten die Grünen, allen voran Peter Pilz, in einer Aktuellen Stunde die Innenministerin zu der jüngsten Affäre. Wie es dazu kommen konnte, dass "der befreundete Dienst wie eine Art Telekom-Staubsauger" agieren habe können, wollte der grüne Aufdecker da von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wissen. Was der Verfassungsschutz von diesen Umtrieben gewusst habe. Und, und, und.

Schon wenige Minuten nachdem die Ministerin zu einer Antwort auf die Fragen ausgeholt hatte, setzte Pilz folgenden Tweet ins World Wide Web ab – was Teile des ÖVP-Klubs empörte: "Die Innenministerin trägt die Sichtweise des BND vor (...) und versucht verzweifelt zu beschönigen."

Kann viel, aber auch wenig heißen

Konkret hatte sich Mikl-Leitner zuvor den Groll der Oppositionspartei zugezogen, weil sie eine E-Mail des Grünen, in dem Wien zwischen der deutschen Telekom und dem BND im Zusammenhang mit dem Abschöpfen von Daten genannt wird, als "zehn Jahre alt" qualifizierte. Dazu erklärte sie, dass das Schreiben laut ihren Experten im Innenamt zwar "viel, aber auch wenig heißen" könne.

Jedenfalls laufen die Ermittlungen auf Hochtouren, versicherte die Ministerin, nachdem der Verfassungsschutz Anzeige gegen unbekannt erstattet habe – und überhaupt, ihr Ressort sei längst in engem Kontakt mit den deutschen Ermittlern. Aber: "Es ist nicht meine Aufgabe, mich an Vorverurteilungen zu beteiligen."

Brutale Regionalliga

Prompt hielt der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser Mikl-Leitner entgegen, dass die deutschen Behörden wohl eher keinen Bedarf an Aufklärung, sondern eher an Verschleierung hätten. Auch wenn die heimischen Geheimdienste wohl eher nicht "in der Champions League, sondern eher in der Regionalliga" spielen würden, könne "auch das brutal" werden, verwies Steinhauser auf eine etwaige systematische Verletzung von Bürgerrechten.

Dazu erging von der Opposition immer wieder in Richtung Mikl-Leitners abwesenden Regierungskollegen Gerald Klug (SPÖ) die Aufforderung, doch endlich Stellung zu nehmen und den Vertrag zwischen NSA und Heeresnachrichtenamt vorzulegen.

Geschwärztes Geheimdossier

Aus dem Büro des Verteidigungsministers heißt es dazu auf Anfrage, dass man "einer Einladung des Parlaments gefolgt wäre" – es sei jedoch keine vorgelegen. Aber der Ort "für das Erörtern der Tätigkeiten der Nachrichtendienste" sei ohnehin der geheime Unterausschuss zum Landesverteidigungsausschuss.

Die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein warf der Regierung jedenfalls vor, gegenüber den USA "die Hosen voll" zu haben. Als Zeichen des Protests gegen das lasche Vorgehen überreichte Niko Alm von den Neos Mikl-Leitner ein über sich selbst angefertigtes "Geheimdossier mit Religionsbekenntnis et cetera" – allerdings war das Papier von vorn bis hinten geschwärzt, weil "solche Dokumente derzeit auch dem Hypo-U-Ausschuss zur Verfügung gestellt werden".

Immerhin hielt SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sich mit Attacken gegen die Innenministerin zurück, doch auch er stellte klar: Der BND-Skandal habe nichts mit Terrorbekämpfung zu tun, sondern sei "die mieseste Form der Spionage – und das wollen wir nicht". (Nina Weißensteiner, 21.5.2015)