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Wo immer Pablo Iglesias auftritt (Bild: Barcelona, wo seine Partei auf Katalanisch "Podem" heißt), wird er wie ein Popstar gefeiert.

Foto: EPA / Alejandro Garcia

"2015 ist das Jahr der Veränderung", ruft Pablo Iglesias, egal wo er auftritt, und wird dafür frenetisch gefeiert. Seine Anti-Spar-Partei Podemos ("Wir können") will am Sonntag Spaniens Politiklandschaft grundlegend aufmischen. In 13 der 17 autonomen Regionen wird die Regionalregierung gewählt, in über 8.000 Städten und Dörfern auch die Gemeinderäte. Die Partei, die 2014 bei der EU-Wahl fünf Mandate gewann, wird flächendeckend in die Regionalparlamente einziehen. Auf kommunaler Ebene treten von Podemos und anderen linken und ökologischen Kräften und Initiativen unterstützte Bürgerlisten an.

In Madrid und Barcelona könnten sie den Bürgermeister stellen, ebenso in Santiago de Compostela und A Coruña. Podemos setzt auf Bürgerlisten, da die junge Partei sich nicht in der Lage sah, allein bei den Kommunalwahlen anzutreten. Großer Verlierer wird die regierende konservative Volkspartei (PP) von Premier Mariano Rajoy sein. Sie wird mit wenigen Ausnahmen ihre Regionalregierungen und Rathäuser verlieren. Die Wähler verzeihen vier Jahre Sparpolitik und hunderte Korruptionsskandale nicht.

Kritik an Sozialdemokraten

Die Empörung kommt Podemos zugute. Denn auch die zweite große Partei, die sozialistische PSOE, steht in der Kritik. Bevor sie 2011 die Wahlen verlor, zeichnete sie für erste harte Sparprogramme verantwortlich und nahm auf Druck aus Berlin eine Schuldenbremse in die Verfassung auf: Kreditzahlung vor Sozialleistung.

Neben Podemos wird eine weitere Partei Kapital schlagen: Ciudadanos (" Bürger") entstand vor neun Jahren in Katalonien. Während Podemos und die Bürgerlisten von der Presse weitgehend totgeschwiegen werden, machte sie Ciudadanos in nur wenigen Monaten im ganzen Land bekannt.

Überläufer zu Ciudadanos

Ciudadanos speist sich unter anderem aus Überläufern der Großparteien und schließt sich zwar den Reden gegen Korruption an, doch ihr Wirtschaftsprogramm unterscheidet sich nur wenig vom Neoliberalismus der Konservativen. PP-Politiker werben mehr oder weniger offen um Ciudadanos. Eine Koalition könnte da und dort den Verlust der Mehrheit verhindern.

"Wir haben die Wahl zwischen einer echten Veränderung und der Politik, die uns in die Katastrophe gestürzt hat", betont Iglesias - und schließt Ciudadanos in diese Zuspitzung mit ein. Podemos setzt auf soziale Forderungen, ein Ende des Sparkurses, fordert die Rückführung der privatisierten Einrichtungen in öffentliche Hand, fordert Maßnahmen gegen Korruption. Sie prangert die 26-prozentige Arbeitslosigkeit und die wachsende Armut an, verspricht Gesetze, um die Zwangsräumungen von Wohnungen zu stoppen und um die Grundversorgung mit Strom, Wasser und Gas auch für die Familien zu garantieren, die kein Geld für die Rechnungen haben.

Iglesias' Wortwahl kommt an

"Sí se puede!" ("Ja, wir können!"), rufen die Menschen immer wieder. Die Kandidaten stammen zum größten Teil aus den Protestbewegungen. "Wir wollen eine souveräne Regierung und keine Kolonialregierung unter Angela Merkel", erklärt Iglesias. Er beschuldigt die europäische Sozialdemokratie des Verrates an ihren Idealen. Dabei redet er nicht dem alten Klassenkampf das Wort. Es geht vielmehr um "unten" und "oben". Ein Blick auf die Wahlkampfveranstaltungen zeigt: Das kommt an. Keine andere Partei zieht so unterschiedliche Alters- und Bevölkerungsgruppen an. "Wir werden für die Menschen regieren und nicht für die Eliten", lautet das Motto.

Der Urnengang am Sonntag ist das Vorspiel für die Parlamentswahlen im Herbst. Dann stehen sich vier starke Parteien gegenüber. Alle bewegen sich rund um die 20-Prozent-Marke. Wenn sich in den nächsten Monaten das politische Panorama nicht grundsätzlich verändert, werden letztendlich nur wenige Stimmen über den Sieg entscheiden.

Iglesias sieht in den Parlamentswahlen im Herbst eine "Volksabstimmung" über die Sparpolitik. "Und bei einem solchen Referendum haben wir gute Chancen zu gewinnen", ist er sich sicher. (Reiner Wandler aus Madrid, 21.5.2015)