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Stille Demonstration vor dem Salzburger Rathaus gegen das Bettelverbot.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Salzburg – Sitzungen des Salzburger Gemeinderates sind meist eine recht gemächliche Sache, bei der es zwischen den handelnden Personen – trotz möglicher politischer Differenzen – recht amikal zugeht. Beim Thema Bettelverbot war es diesen Mittwoch dann aber Schluss mit der Freundschaft: Vor allem die SPÖ-Fraktion musste sich einiges anhören.

Sie hat dem mit einer monatelangen Kampagne der Kronen Zeitung begleiteten Drängen der ÖVP nachgegeben und gemeinsam mit den Freiheitlichen ein zeitlich und räumlich beschränktes Bettelverbot für weite Teile der Altstadt verhängt. Dieses sektorale Bettelverbot soll Anfang Juni in Kraft treten. Gegen das Verbot hatten Bürgerliste und Neos votiert.

SPÖ-Meinungsschwenk

Betretene Gesichter waren in den Reihen der 15 SPÖ-Gemeinderatsmitglieder zu sehen, als Bürgerlistenklubobmann Helmut Hüttinger wortwörtlich eine Rede einer SPÖ-Gemeinderätin aus dem Jahr 2013 vortrug. Damals war die SPÖ noch nicht auf die Hardliner-Linie des schwarzen Stadtvizes Harald Preuner umgeschwenkt und lehnte ein Verbot des stillen Bettelns noch kategorisch ab: "Weil es nämlich genau darum geht - nicht um objektive Missstände -, sondern um das optische Erscheinungsbild der Stadt zu bewahren, in das arme Menschen nicht hineinpassen", hatte vor zwei Jahren SPÖ-Mandatarin Dagmar Aigner im Namen ihrer Fraktion noch gesagt.

SPÖ-Prominenz protestiert

Für viel Empörung sorgt die neue Linie der SPÖ auch bei sozialdemokratischer Prominenz: Wolfgang Radlegger, ehemals Landesparteichef und Landeshauptmannstellvertreter und heute Chef der Wüstenrot-Holding, verteilte an die 40 Gemeinderatsmitglieder eine persönlich gehaltene Denkschrift: "Barmherzigkeit kennt keinen Sperrbezirk", sagt Radlegger. Er wirft den Betreibern des Verbotes vor, dieses vor allem mit Rücksicht auf die Geschäftemacherei "mit Kitsch und Kommerz" durchzusetzen. Auch die ehemalige Klubobfrau der SPÖ im Landtag, Ricky Veichtlbauer beteiligte sich an den Protesten.

Vor Beginn der Gemeinderatssitzung mussten die Mandatare am Rathauseingang durch ein Spalier von Kundgebungsteilnehmern und ihren Sammelbechern. Das solidarische Betteln wurde vom Seelsorgeamt der Erzdiözese organisiert.

Weitere Verschärfung

Für die SPÖ versuchte die ressortzuständige Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer im Gemeinderat eine Erklärung für den Schwenk hin zum Bettelverbot. Sie selbst habe geglaubt, dass soziale Maßnahmen ausreichen würden. Sie habe dazugelernt, es brauche auch ordnungspolitische Maßnahmen. Hagenauer möchte die Zahl der bettelnden Menschen auf Salzburgs Straßen auf 50 beschränkt wissen.

Nachjustieren

Nichts sagt die SPÖ zu dem, was Vizebürgermeister Preuner als treibende Kraft hinter dem Bettelverbot mit "Evaluierung" meint: "In einigen Monaten werde man sehen, ob die Bettlerproblematik mehr oder weniger geworden ist und ob eine entsprechende Nachjustierung notwendig ist."

Die Bürgerliste hat in Sachen "Nachjustierung" freilich schon eine Interpretation parat. Man werde bald dieselbe Debatte noch einmal führen und dann das Verbot sukzessive ausweiten, lautet die Prophezeiung der Stadt-Grünen. Durch das Verbot des stillen Bettelns werde die Deklaration Salzburgs zur Menschenrechtsstadt zur Farce, sagt Klubobmann Hüttinger. (Thomas Neuhold, 20.5.2015)