Führungskräfte sind im Arbeitsalltag einem breiten Spektrum an Belastungen ausgesetzt. Der Druck steigt, allen voran der Zeitdruck. In einer Umfrage des Hernstein Institut für Management und Leadership, gaben 50 Prozent der Befragten an, häufig gestresst zu sein (1.079 österreichische und deutsche Führungskräfte nahmen teil).
Ein Drittel sieht sich selbst als tendenziell Burnout-gefährdet, fünf Prozent halten sich sogar für akut gefährdet. Bei Personen mit ein bis drei Jahren Berufserfahrung bezeichnet sich die Hälfte aller Führungskräfte als zumindest teilweise gefährdet. "Häufig werden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgrund von fachlichen Kompetenzen befördert. Doch oft sind sie für die damit verbundene Übernahme von Personalverantwortung ungenügend vorbereitet", erklärt Eva-Maria Ayberk, Leiterin des Hernstein Instituts. "Der Rollenwechsel vom Mitarbeiter oder von der Mitarbeiterin zur Führungskraft bringt unvorhersehbare Herausforderungen auf psychologischer und kommunikativer Ebene mit sich. Es gibt keine geborenen Führungskräfte, aber Führungsfähigkeiten sind erlernbar."
Jeder Zehnte betroffen
Acht von zehn Führungskräften haben in ihren Unternehmen bereits Burnout-Fälle erlebt. Sechs von zehn geben an, dies bei Führungskollegen oder -kolleginnen beobachtet zu haben, vier von zehn kennen Burnout bei den eigenen, direkt geführten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Jede zehnte Führungskraft war oder ist selbst davon betroffen. "Schon mehr als die Hälfte aller Krankenstandstage gehen in Europa auf ein psychisches Problem, auf Erschöpfung oder auf Nicht-mehr-Können zurück", so Eva-Maria Ayberk. "Nicht immer steckt eine zu hohe Arbeitsbelastung dahinter. Wenn der Sinn der Tätigkeit infrage gestellt wird oder eigene Gestaltungsmöglichkeiten fehlen, kann sich das ebenfalls auf die Psyche auswirken."
26 Prozent der Befragten wurden von ihrem persönlichen Umfeld auf eine mögliche Burnout-Gefahr hingewiesen, 14 Prozent schon mehrfach gewarnt. Besonders das obere Management, Eigentümer und Eigentümerinnen sowie junge Führungskräfte wurden vermehrt darauf angesprochen. Nicht verwunderlich, dass auch Familie und Freude darauf reagieren, wenn der Job mit nach Hause kommt. Denn 56 Prozent der Befragten geben an, nach Feierabend gedanklich nicht abschalten zu können.
Pausen einlegen
Es zeigt sich, dass von einem Burnout-Risiko betroffene Personen die Wichtigkeit und die Beeinflussbarkeit des Themas durch Führungsarbeit allgemein als hoch ansehen. Hier tut sich eine Lücke zwischen Wissen und Handeln auf. Personen, die sich selbst als gefährdet ansehen, machen tendenziell weniger oft Pausen, weniger Sport und weniger Ausgleich als diejenigen, die sich als nicht gefährdet empfinden. Diese Führungskräfte sammeln also weiter Belastungsfaktoren an. "Wichtig ist es, trotz des ganzen Trubels die Stop-Taste zu drücken, die eigenen Stressmuster zu kennen und zu durchbrechen. Nützliche Erkenntnisse dazu liefern die Neurowissenschaft", ist Eva-Maria Ayberk überzeugt. "Selbstführung ist die Grundvoraussetzung, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesund führen zu können."
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Drei wesentliche Eckpfeiler einer positiven Arbeitsumgebung, nämlich Sinn, Kollegialität und Wertschätzung, sieht ein Großteil der befragten Führungskräfte positiv. 72 Prozent erleben ihre Arbeit als sinnvoll und erfüllend, 74 Prozent sprechen von einer freundlichen und kollegialen Arbeitsatmosphäre im Team. Mit der Wertschätzung der eigenen Arbeitsleistung durch die direkte Führungskraft sind 61 Prozent zufrieden, 16 Prozent fühlen sich nicht anerkannt.
Ausdauersport und Yoga
Und was tun Führungskräfte, um fit zu bleiben? Zwei Drittel schaffen sich im Arbeitsalltag entsprechende Pausenzeiten. Dies gelingt jedoch nicht allen: Drei von zehn Führungskräften geben an, während eines Arbeitstags nur selten Arbeitspausen einzulegen und sich entsprechende Ruhezeiten zu verschaffen. Eine von zehn Führungskräften erklärt sogar, fast nie Pausen zu machen.
Zwei Drittel der befragten Führungskräfte geben an, mehrmals oder zumindest einmal pro Woche Ausdauersport zu betreiben. Dies ist mit Abstand die am häufigsten ausgeübte Sportart. Gymnastik und Beweglichkeitstrainings wie Yoga nutzen vor allem weibliche Führungskräfte. Alles beginnt im Kopf: Das weiß vor allem das Top-Management. Denn interessanterweise werden Mentaltechniken von dieser Gruppe am häufigsten zur Entspannung genutzt. Das sollte man sich merken. (red, 20.5.2015)