AfD-Chef Bernd Lucke schickte einen "Weckruf" in die Partei, Co-Vorsitzende Frauke Petry sperrte daraufhin seinen Zugang zum E-Mail-Verteiler.

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Berlin – Bei der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) geht es derzeit zu wie bei der Paartherapie kurz vor Abbruch der Sitzungen. Beide Seiten – die wirtschaftslibererale, eurokritische wie die nationalkonservative – versichern, es noch einmal miteinander versuchen zu wollen. Doch an das Gelingen glaubt eigentlich keiner mehr.

Seit Monaten tobt in der AfD ein Kampf um Personen und Inhalte. Menschlich können vor allem Bernd Lucke und Frauke Petry nicht miteinander. Gleichzeitig stehen die beiden für die konträren Flügel der AfD. Lucke, der die Partei 2013 gegründet hat, will einen eurokritischen und wirtschaftsliberalen Kurs fahren.

Seine Co-Vorsitzende Petry – zugleich Fraktionschefin in Sachsen – steht hingegen für einen nationalkonservativen Kurs mit Islamkritik und Warnung vor zu viel Zuwanderung. Die vergangenen Wochen haben gezeigt: Beide Flügel unter einem Parteidach, das wird wohl eher nicht möglich sein.

Unterstützer auf beiden Seiten

"Niemand ist unersetzlich", giftete Petry kürzlich Richtung Lucke. Der erwiderte, Petry möge lernen, "dass sie mich nicht gleichzeitig angreifen und zu vertrauensvoller Zusammenarbeit auffordern kann". Beide Seiten haben Unterstützer, Lucke etwa den ehemaligen Chef des Industrieverbandes, Hans-Olaf Henkel. Der möchte die noch junge Partei von rechten "Elementen säubern" und spricht das auch so offen aus.

Lucke versichert zwar, er wolle die Partei vor der Spaltung bewahren. Doch er hat nun einen eigenen Verein gegründet, der sich "Weckruf 2015" nennt. Per Mail wollte er die AfD-Mitglieder zum Beitritt aufrufen. "Wir sehen für uns keine Zukunft in der AfD, wenn die Partei nicht entschieden denjenigen Einhalt gebietet, die pöbelnd Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen oder an den politischen Rändern unserer Gesellschaft hausieren gehen", hieß es in der E-Mail.

E-Mail-Zugang gesperrt

Seine Hoffnung: Es werden sich so viele AfD-Mitglieder anschließen, dass der wirtschaftsliberale Flügel in der Mehrheit ist. Genau das aber will Petry verhindern. Also ließen sie und der dritte Sprecher im Bunde, Konrad Adam, Luckes Zugang zum E-Mail-Verteiler sperren.

Lucke verbreitete seine Botschaft daraufhin via Facebook. Seine Mitstreiter warnen nun vor einem deutschen Front National (FN) nach französischem Vorbild, sollte das Petry-Lager Oberhand gewinnen. In diesem wiederum spottet Adam über den Namen "Weckruf" für den Verein. Dieser erinnere an die Zeugen Jehovas und an die Heilsarmee.

Zum Showdown wird es am 13. Juni in Kassel kommen, dort hält die AfD ihren Bundesparteitag ab. Eigentlich ist ihr Ziel der Einzug in den Bundestag bei der Wahl 2017. In den Landtagen von Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Bremen und Hamburg ist sie schon vertreten. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.5.2015)