Staatliches Handeln hat sich auf Gesetze und Verordnungen zu stützen. Das macht das Wesen des Rechtsstaats aus. Das ist auch der Arbeitsalltag von Beamten und Vertragsbediensteten. Die tun in der Regel ihr Bestes. Das heißt aber auch: Je mehr sie tun, desto teurer wird es. Je aufwendiger der Aktenlauf, je genauer die Kontrolle, desto teurer wird das Verwaltungshandeln – und desto lauter das Stöhnen über die Kosten der Bürokratie.

Es gilt als Binsenweisheit, dass Österreich zu teuer verwaltet wird. Und trotzdem werden immer noch ein Gesetz und noch eine Verordnung auf das bestehende Regelwerk draufgepackt, noch eine Novelle formuliert, noch eine zusätzliche Kontrolle eingebaut. Weil es ja immer noch einen weiteren Spezialfall zu berücksichtigen gibt.

558 Begünstigungen kennt allein das Steuerrecht. Jede wird schon irgendeinen Sinn haben – oder gehabt haben. Aber jedenfalls ein gefundenes Fressen für Steuerberater – und jede Menge Arbeit für die Beamten in den Finanzämtern. Das treibt die Kosten der öffentlichen Verwaltung (und belastet nebenbei die Privatwirtschaft, die immer neue Vorschriften zu beachten hat).

Was für die Finanz gilt, gilt in ähnlicher Weise für alle anderen Bereiche der Verwaltung: Der Gesetzgeber findet neue Aufgaben – scheut sich aber, die alten zu durchforsten. Klarerweise gibt es Rechtsbereiche, die längst als "totes" Recht gelten, weil es keine Betroffenen mehr gibt – da könnte man ganze Gesetze ersatzlos abschaffen. Und es gibt einen Wildwuchs von Regelungen, die aus längst vergessenen Anlässen geschaffen wurden, die aber ihren damaligen Zweck längst erfüllt haben. Hier einmal kräftig auszumisten stünde der Regierung gut an, auch wenn der eine oder andere Betroffene den Verlust einer bequemen Steuererleichterung oder einer lieb gewordenen Sonderregelung beklagen wird.

Man kann es natürlich auch ganz radikal anlegen, wie Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer, der am liebsten alle Gesetze bloß befristet auf den Weg bringen würde. Dann müsste etwa nach fünf Jahren geprüft werden, ob die jeweilige Regelung die Erwartungen erfüllt und den Kostenrahmen eingehalten hat – und ob man sie überhaupt noch weiter braucht.

Jedenfalls aber gehört entwirrt, was durch den Bundesgesetzgeber in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen worden ist – und bereinigt, was sich da an Parallelstrukturen mit den Ländern, die oft in einem destruktiven Wettbewerb falsch verstandener Bürgernähe stecken, entwickelt hat. Das gilt genauso dort, wo der Bund die Finanzierung von Aufgaben der Länder übernimmt und damit die Länderhaushalte entlastet – aber dabei keine Mitbestimmung hat, wie mit dem Geld tatsächlich verfahren wird; etwa bei der Mindestsicherung, bei der Kinderbetreuung oder bei der Pflege. Hier braucht es klare Strukturen – und klare Verantwortung.

Das ist nicht ganz so leicht zu bekommen, weil Bund und Länder einander eifersüchtig auf die Finger schauen, wenn es um eine Verschiebung von Kompetenzen geht, aber mit etwas gutem Willen, also: etwas gutem Sparwillen, ließe sich hier viel erreichen, und zwar nicht nur zulasten der Bundesländer – es gibt ja durchaus auch dort einen Willen zum Sparen. Und es gibt gerade in den Ländern und Gemeinden ein Grundvertrauen der Bürger, dass die Verwaltung für das Wohl der Allgemeinheit arbeitet. (Conrad Seidl, 19.5.2015)