Kita-Streik in Deutschland wegen schlechter Bezahlung: Österreichs Kindergartenpädagoginnen geht es nicht besser.

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Die deutschen Lokführer wollen ihren Streik fortführen, die Fluglotsen drohen mit Streik, Piloten scheint in Sachen Arbeitsniederlegung sowieso nichts verboten, in den Kitas ruht die Arbeit seit einer Woche. Es scheint, als hätte Deutschland eine neue Lust am Streik gefunden, große Koalition hin oder her.

Und in Österreich? Ebenfalls große Koalition, die Arbeitslosigkeit steigt und steigt, ebenso die Zahl jener Menschen, die mehrere Jobs haben und trotzdem nicht davon leben können. Wachsende Zahlen bei der Armutsgefährdung, die Wiener Tafel kommt mit ihren Verteilaktionen kaum nach.

Dennoch: Von Streik keine Rede – sieht man einmal von den permanent schwebenden Drohungen potenter Lobbys wie Gymnasiallehrern und Primarärzten ab. Ansonsten: Ruhe und (noch) sozialer Friede. Es lebe die Sozialpartnerschaft, wer als erster vom Verhandlungstisch aufsteht, hat verloren, und es ist sowieso alles besser, weil hierzulande 98 Prozent aller Beschäftigten nach einem sozialpartnerschaftlich ausgehandelten Kollektivvertrag bezahlt werden. In Deutschland ist es gerade einmal die Hälfte aller unselbstständig Beschäftigten, die Flucht aus dem Tarif ist dort wesentlich höher.

Lautes Zeichen

Diese Argumente, allesamt recherchiert bei österreichischen Sozialpartnern, haben etwas für sich. Dennoch: Dass die Pädagoginnen der Kindertagesstätten vor einer Woche ihre Arbeit niedergelegt haben, weil sie gegen ihre Arbeitsbedingungen – und vor allem ihre schlechte Bezahlung – protestieren, sollte zu denken geben. Der Kita-Streik mag, nach Lesart österreichischer Gewerkschafter, ein Zeichen von Schwäche sein, aber es ist wenigstens ein lautes Zeichen.

Auch in Österreich werden Kindergartenpädagoginnen schlecht bezahlt, genauso wie übrigens auch das Pflegepersonal. Und sie klagen darüber zu Recht, haben sie doch überdurchschnittliche Verantwortung zu tragen und leisten immens wichtige Arbeit, die für viele Menschen im Land unentbehrlich ist.

Weniger Geld für "Frauenberufe"

Dass die großflächige kollektivvertragliche Abdeckung in Österreich nicht zu größerer Gehältergerechtigkeit geführt hat, ist ein großes Versäumnis der Sozialpartnerschaft. Gerade sogenannte Frauenberufe (mit Ausnahme der Lehrer) werden hierzulande traditionell so schlecht bezahlt, dass der Gender-Gap immer größer wird.

Darüber wird nun schon seit Jahrzehnten geklagt, ohne dass dies irgendetwas groß verändert hätte. KV-Verhandlungen laufen großteils immer noch sehr männlich dominiert ab – die Fotos vieler Sozialpartner-Verhandlungsrunden sprechen hier eine deutliche Sprache.

Insofern könnten die streitbaren Kita-Beschäftigten ein gutes Beispiel geben: Man muss sich nicht davor fürchten, laut zu sein, aus dem Rahmen zu fallen, den Konsens-Rahmen zu verlassen. Man (oder in dem Fall frau) kann auch aus selbigem treten, um etwas zu erreichen, was vielleicht nicht billig, aber in jedem Fall recht ist. (Petra Stuiber, 19.5.2015)