Der Einsatz militärischer Kräfte zur Verhinderung von weiteren Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer ist prinzipiell legitim. Es wäre geradezu zynisch, wenn die europäische Staatengemeinschaft jetzt nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen würde, um tausende Menschenleben zu retten, die im aktuellen Chaos der Fluchtwellen aus den Kriegs- und Krisengebieten des Nahen Ostens und Nordafrikas auf dem Spiel stehen.

Die warme Sommerzeit ist Flüchtlingszeit. Das wussten die Regierungen in den EU-Staaten seit langem. Aber niemand fand es der Mühe wert, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten, die zivilen Mittel aufzustocken, die Küstenwachen (und Aufnahmelager) entsprechend auszurüsten. Nun muss man auf das zurückgreifen, was man hat: Soldaten, Schiffe, Satelliten und anderes militärisches Gerät in den Armeen, um die Aufgabe akut bewältigen zu können. Die Lage unterscheidet sich diesbezüglich gar nicht so sehr von jener bei anderen Katastropheneinsätzen. Da muss man sich keine Illusionen machen.

Ganz anders verhält es sich aber, wenn es um die Zerstörung der Boote der Schlepperbanden geht. Dabei geht es nicht nur um humanitäre Aspekte und Flüchtlinge, wie nun behauptet wird. In Wahrheit befürchten die Regierungen, dass die Terroristen des IS Libyen im Schatten des Flüchtlingsdramas ganz "übernehmen" könnten. Der Militäreinsatz hat auch ein sicherheitspolitisches Ziel. (Thomas Mayer, 18.5.2015)