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Was Topdiplomaten wohl am besten beherrschen: John Kerry und Wang Yi üben den freundschaftlich-vertrauten Auftritt vor den Medien.

Foto: Reuters / Ng Han Guan / Pool

Eine Stunde dauerte die Pressekonferenz schon - erst dann kam Außenminister Wang Yi auf Pekings Bau künstlicher Inseln im Südchinesischen Meer zu sprechen, der zum internationalen Streit eskaliert: Seit fast einem Jahr lässt Peking mehr als 1000 Kilometer vom Festland entfernt Riffe und Atolle aufschütten, um seine umstrittenen Besitzansprüche auf das Gebiet zu untermauern. Satellitenfotos machten die von den USA "beispiellos" genannte Aktion zur Landgewinnung bekannt.

Was dort geschehe, so Wang am Samstag, falle "voll unter Chinas Souveränität". Beim Schutz der Souveränität und territorialen Integrität stehe China "unerschütterlich, so fest wie ein Felsen".

"Überragende Priorität"

Diese Aussage ist hart genug. Im Außenministerium hatten er und US-Außenminister John Kerry zuvor noch versucht, das heikle Thema öffentlich zu umschiffen.

Wang erwähnte den Streit um den Inselbau anfangs mit keinem Wort. "Überragende Priorität" habe die Vorbereitung des ersten Staatsbesuchs von Präsident Xi Jinping bei US-Präsident Barack Obama im September gehabt. Beide wollten mit ihren "neuartigen Großmachtbeziehungen" zur Lösung einer Vielzahl von Problemen beitragen: von Abrüstungsfragen ad Iran und Nordkorea bis hin zur Klimapolitik.

Besorgte USA

Vom Südchinesischen Meer, für Peking eine innere Angelegenheit, sprach Wang nicht. Auch Kerry skizzierte anfangs nur die großen Umrisse der "weltweit wohl konsequenzenreichsten" Zusammenarbeit, die die USA und China untereinander anstrebten. Erst am Ende sagte er, dass es auch Differenzen gebe, die ihn nach Peking geführt hätten: Die USA seien besorgt über das "Tempo und den Umfang" der Landgewinnung. "Ich habe Peking zum Handeln gedrängt, um die Spannungen zu reduzieren und die Aussichten für eine diplomatische Lösung zu erhöhen." Gefragt sei eine "smarte Politik", um zu einem neuen Umgangskodex der asiatischen Länder untereinander zu kommen.

Kerry wich Nachfragen bezüglich der Haltung der USA aus. Vor seiner Ankunft hatte ein Sprecher seines Ministeriums verkündet, dass Kerry in Peking "absolut keinerlei Zweifel" daran lassen werde, dass sich Washington verpflichtet fühlt, die Freiheit der Navigation und des Flugverkehrs in der Seeregion sicherzustellen.

Gegenseitige Warnungen

Das Pentagon schüttete verbal noch Öl ins Feuer: Die USA würden erwägen, Flugzuge und Schiffe in die umstrittenen Gebiete zu schicken. Darauf antwortete Chinas Außenministerium mit einer brüsken Warnung: Die Freiheit der Navigation bedeute nicht, dass "ausländische Militärschiffe oder Flugzeuge nach Gutdünken in die territorialen Gewässer oder den Luftraum anderer eindringen könnten". China behalte sich Gegenmaßnahmen vor.

Kerry und Wang mühten sich am Samstag, den Schlagabtausch um die Inseln nicht weiter eskalieren zu lassen. Kerry gab sogar ein Entspannungssignal: Erstmals erklärte er, dass die USA die von Peking initiierte neue Asiatische Investitionsbank für Infrastruktur (AIIB) - der inzwischen 57 Länder als Gründungsmitglieder beigetreten sind - nicht ablehnten. Sie würden grundsätzlich alle neuen multinationalen Entwicklungsbanken, "und darunter auch die AIIB", begrüßen. Die gegenteilige Berichterstattung darüber gehe auf "eine enorme Menge an Missverständnissen" zurück.

Debatte um AIIB-Bank

Wang lobte Kerry dafür. Als Chinas Außenminister gefragt wurde, ob Peking sich mit seinen expansiven Offensiven von der AIIB-Bankgründung bis zur Seidenstraßen-Strategie gegen die USA richte, die in Asien Fuß fassen wollten, sagte er, er wisse, dass vielfach so gedacht würde - aber tatsächlich seien alle chinesischen Initiativen "offen und inklusiv". China suche die Zusammenarbeit, nicht die Konfrontation. Aber Wang sagte auch: "Asien ist in erster Linie das Asien der Asiaten."

Am Sonntag schob dann auch Präsident Xi selbst noch Entspannungssignale nach: Die Beziehungen seien weiterhin stabil. Er wolle gemeinsam mit Obama ein neues Hoch erreichen. China müsse aber als gleichberechtigte Weltmacht angesehen werden. (Johnny Erling aus Peking, 17.5.2015)