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700 Millionen Euro zusätzlich soll der Wegfall des Bankgeheimnisses ins Budget spülen

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Wien – Ist Österreich gerade dabei, eine Vorreiterrolle im Kampf gegen Steuerbetrug einzunehmen, oder schaffen ÖVP und SPÖ den gläsernen Bankkunden? Zwischen diesen Polen verläuft die aktuelle Debatte über die geplante Abschaffung des heimischen Bankgeheimnisses.

SPÖ und ÖVP wollen ja ein zentrales Kontoregister einrichten, indem vermerkt ist, wer über welche Einlagen und Bankdepots in Österreich verfügt. Zusätzlich soll die Finanz auch Einschau in Bankdaten (Guthaben, Transaktionen) nehmen dürfen, wenn sie "Bedenken" gegen die Richtigkeit einer Steuererklärung hegt. Dieser zweite Punkt wirbelt weit mehr Staub auf. Die Behörden sollen zwar verpflichtet werden, Rücksprache mit dem Steuerpflichtigen zu halten, um offene Fragen klären zu können. Vonseiten des Finanzministeriums heißt es, dass bei der klassischen Arbeitnehmerveranlagung keine Kontoeinschau möglich sein soll.

Doch in allen übrigen Fällen ist vorgesehen, dass die Finanz mit einer schriftlichen Anfrage an alle gewünschten Bankdaten kommt. Das gilt bei Unternehmen ebenso wie für Privatpersonen.

Banken sollen laut Gesetzesentwurf des Finanzministeriums kein Einspruchsrecht gegen eine Abfrage erhalten. Das bekommt aber auch der betroffene Kontoinhaber nicht. Denn die Finanzprüfer müssen keinen Bescheid erlassen, den ein Abgabenpflichtiger vor Gericht bekämpfen könnte.

Kritik

Christof Tschohl vom Zentrum für digitale Menschenrechte in Wien übt deshalb scharfe Kritik an den Plänen des Ministeriums. Grundsätzlich stehe es der Politik frei, zwischen den beiden berührten Interessen abzuwiegen – in diesem Fall also dem Recht auf Datenschutz und der Pflicht des Staates, Steuern einzutreiben.

Tschohl bemängelt aber, dass die Finanz einen nahezu unbegrenzten Spielraum bekommt, wenn sie schon bei "Bedenken" Einsicht verlangen kann. "Dieser Ermessensspielraum öffnet Missbrauch Tür und Tor", so der Jurist. Dabei gehe es nicht um Kleinigkeiten: "Bankdaten sind sensibel, weil sie Einsicht in die Persönlichkeit eines Menschen geben." Tschohl hält die Pläne der Regierung derzeit sogar für rechtswidrig: Der Verfassungsgerichtshof habe öfter festgehalten, dass bei Eingriffen in Grundrechte ein freies Ermessen nicht ausreicht, sondern klare Vorgaben nötig sind.

Einschaurechte

Nicht ganz so skeptisch äußert sich zwar Erich Schweighofer vom Juridicum Wien. Steuerbehörden in Deutschland haben schließlich ähnliche Einschaurechte, sagt der Datenschutzspezialist. Doch ob die geplanten Regeln "verhältnismäßig" sind, bezweifelt auch er. Als Ausweg empfiehlt Schweighofer, ein Beschwerderecht für Bürger einzurichten, in deren Kontodaten die Finanz Einschau genommen hat.

Wie aber beurteilt die Finanz die geplanten Reformen? Der Steuergewerkschafter Herbert Bayer sieht im Kontenregister einen Schritt nach vorn. Bisher galt, dass es, selbst wenn Finanzprüfer jemanden der Steuerhinterziehung verdächtigten, schwer war, dies zu belegen. Denn es war kaum möglich, herauszufinden, bei welcher der tausenden Banken der Verdächtige sein Geld hat. Die Prüfer konnten bei einzelnen Kreditinstituten nur anfragen – und auf Glück hoffen. Mit dem Kontoregister ändert sich das.

Die Kontoeinsicht bei "Bedenken" gibt der Finanz einen weiten Ermessensspielraum, das sagt auch Bayer. Kann ein Steuerpflichtiger zum Beispiel nicht mit Unterlagen die Richtigkeit seiner Angaben belegen, würde dies eine Kontoöffnung künftig rechtfertigen. Wird also bei jedem Steuerpflichtigen nach Belieben reingeschaut? Nein. Denn die Finanz muss nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit agieren, und Amtshandlungen müssen auch intern begründet sein. (András Szigetvari, 15.5.2015)