Texte, Briefe, Reaktionen und Rezensionen collagierte Schwitters auf die ihm eigene Art.

Foto: Feindt

Kurt Schwitters, der Komponist, Dichter und Sänger der Ursonate und Erfinder von Merz, war von jeher schwer einzuordnen. Vor 40 Jahren verbannte Friedhelm Lach, seinerzeit Herausgeber der literarischen Werke in fünf Bänden, nicht wenige Gedichte in den Anhang und hatte viele Arbeiten erst gar nicht aufgenommen, weil sie ihm eher als Bilder und Collagen denn als Texte erschienen.

Und vor einem Jahrzehnt wurde ein Catalogue raisonné Kurt Schwitters in drei Bänden publiziert, dessen Autoren sich vorsichtshalber erst gar nicht getrauten, im Titel zu benennen, was sie aufzulisten unternahmen: Es waren die so klassischen Kategorien wie Bilder und Skulpturen und Arbeiten auf Papier, die dem OEuvre eines Gesamtkunstwerkers wie Kurt Schwitters wenig angemessen sind. Nun aber startet ein neues editorisches Großprojekt, Alle Texte geheißen. Und es kann kaum weniger originell als mit den Sammelkladden beginnen.

Bislang unerschlossene Hefte der Aufbruchsjahre 1919 bis 1923 sind es, überwiegend Ansammlungen von fremden Texten, von Briefen an Schwitters, von Reaktionen der Besucher seiner Ausstellungen, von Rezensionen seiner Merz-Bilder und -Bücher sowie von Berichten über die Soireen oder Performances, die er und seine dadaistischen Mitstreiter damals durchgeführt haben.

Das Material machte sich Schwitters zu eigen, indem er die Texte collagierte und auf seine Art annotierte: Kritiken etwa klebte er in ein altes Schulheft, das eigens mit dem Aufkleber "Spezialhaus für Abfälle" versehen wurde. All das ist sorgfältig transkribiert und ausführlich kommentiert. Allein der visuelle, der bildliche Eindruck fehlt: Denn Schwitters' originale Heftseiten sind nicht nur Text, sondern häufig zugleich typografische Collage. (Hendrik Feindt, Album, 15.5.2015)