Die Medieninstallation "Perhaps All The Dragons" thematisiert unser verzerrtes Verhältnis zur Realität.

Foto: Marc Domage

Alle wollen der Welt möglichst nahekommen - aus sicherer Distanz. Auf diese eher simple Tatsache ist die gegenwärtige Mediengesellschaft gebaut. Eine Gesellschaft, die sich ihre Weltbilder in einem permanenten Nähe-Distanz-Paradoxon und über dessen Verzerrungen der Wirklichkeitserfahrung generiert. Aus dieser widersprüchlichen und entstellenden Virtualität gewinnt die belgische Künstlergruppe Berlin (Bart Baele und Yves Degryse) die Materialien für ihre vielgelobten Arbeiten. Jetzt, gleich am Beginn der Festwochen, zeigt Berlin die performative Medieninstallation "Perhaps All The Dragons." Übertitel: Horror Vacui [#3], die untertitelhafte Fortsetzung des Titels lautet: "... in our lives are princesses who are only waiting to see us act, just once, with beauty and courage."

Das ist, wie Berlin verschweigt, ein Satz aus einem Brief von Rainer Maria Rilke an seinen deutschen Kollegen Franz Xaver Kappus. Rilke setzt fort: "Vielleicht ist alles Schreckliche im tiefsten Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will."

Nur dreißig Besucherinnen und Besucher pro Aufführung können erfahren, was dies bedeuten soll. Sie geraten in ein Nähe-Distanz-Paradoxon, spüren die Entfernung, die Verzerrung von dem, worauf sie schauen. Und damit verbunden macht sich das Eingekapseltsein in eine Monitor-Spiegelwelt erlebbar, in der sich das Reale permanent entzieht, indem es als Köder serviert wird. (ploe, 15.5.2015)