Frankfurt - Eine Woche vor der Hauptversammlung der Deutschen Bank vermeidet Aufsichtsratschef Paul Achleitner, ein gebürtiger Oberösterreicher, ein klares Bekenntnis zum Führungsduo. Er werde keine Personaldiskussionen führen - weder in die eine noch in die andere Richtung, sagte er dem Magazin "Wirtschaftswoche" in einem Interview laut Vorabbericht vom Mittwoch.

Auf die Frage, ob die beiden Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain und Jürgen Fitschen unersetzbar seien, antwortete Achleitner: "Wer ist das schon? Es geht um die Zukunft der Institution Deutsche Bank, nicht um die von Individuen." Deutschlands größtes Geldhaus müsse wieder eine geachtete und respektierte Bank werden.

Das in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verstrickte Institut muss sich auf ein turbulentes Aktionärstreffen am 21. Mai einstellen. Etliche Großanleger hatten zuletzt vernehmbar gemurrt, weil sie mit der Arbeit des Führungsduos und der vorgelegten neuen Strategie unzufrieden sind. Der einflussreiche US-Aktionärsberater ISS empfahl in der vergangenen Woche sogar, den Vorstand dieses Jahr nicht zu entlasten.

Zur Begründung verwies ISS auf den unlängst besiegelten Vergleich im Zinsskandal, bei dem die angelsächsischen Regulierer auch deshalb eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar verhängten, weil sie der Bankführung mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung der Affäre attestierten. Das unbefriedigende Risikomanagement habe zu höheren Strafen und damit höheren Verlusten für die Anleger bei Deutschlands größtem Geldhaus geführt, argumentiert ISS. Zudem stelle der Betrugsprozess gegen Co-Vorstandschef Fitschen in der Kirch-Saga eine Belastung dar.

"Es ist legitim, dass Eigentümer ihre Bedenken, Einschätzungen und Empfehlungen äußern", sagte Achleitner der "Wirtschaftswoche". Der Aufsichtsrat beobachte den Fitschen-Prozess genau. "Das tun wir ganz nüchtern, ohne Rücksicht auf persönliche Wünsche und Sympathien. Natürlich würden wir uns freuen, wenn am Ende ein Freispruch steht."

Die Ende April präsentierte "Strategie 2020", die einen Verkauf der Tochter Postbank über die Börse zur Bilanzverkürzung vorsieht, verteidigte Achleitner - seit genau drei Jahren Aufsichtsratschef der Deutschen Bank - in dem Interview ausdrücklich. "Ob eine Strategie gut ist oder nicht, können Sie nicht an kurzfristigen Reaktionen des Aktienmarkts festmachen. Mit der Weichenstellung kehrt die Deutsche Bank zu ihren Wurzeln zurück, das ist wahrlich kein trivialer Weg", betonte er. Die Postbank habe außerhalb eines großen Finanzkonzerns deutlich bessere Chancen. Und die Deutsche Bank bleibe mit ihrem eigenen Privatkundengeschäft im Heimatmarkt verankert.

Im Zinsskandal schloss Achleitner weitere personelle Konsequenzen nicht aus. Der Aufsichtsrat werde abwarten, bis alle Untersuchungen abgeschlossen seien und dann angemessen reagieren, sagte er. Die Abschlussberichte der britischen und US-amerikanischen Aufsichtsbehörden gäben dazu keinen Anlass. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat ihren Abschlussbericht inzwischen zwar fertig. Sie will aber erst nach einer Stellungnahme der Bank erklären, welche Konsequenzen sie fordert. (APA/Reuters, 13.5.2015)