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Alarm schlagen und warten bis die Einsatztruppen kommen: Die körpereigene Abwerh funktioniert ganz ähnlich wie ein Polizeieinsatz.

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Das Immunsystem setzt – wie die Polizei – auf Arbeitsteilung. Da sind zunächst einmal die dendritischen Zellen. Sie laufen rund um die Uhr Patrouille und sichern die Spuren verdächtiger Eindringlinge. Bei Erfolg präsentieren sie ihre Funde einem schlagkräftigen Fahndungsteam, den zytotoxischen T-Zellen. Diese Killer wissen nun, wonach sie suchen müssen. Sie schwärmen aus und vernichten die Erreger.

Wie die Spurensicherung abläuft, wissen Forscher inzwischen recht genau: Wenn eine dendritische Zelle auf ein unbekanntes Protein stößt (etwa ein Toxin oder den Bestandteil eines Virus), umfließt sie es mit ihrer Zellmembran. Dabei entsteht ein Membranbläschen, ein Vesikel – eine Art intrazelluläre Tüte, die den Fremdstoff enthält und als Endosom bezeichnet wird.

In der Zelle verlässt das fremde Protein die "Tüte" und wird von Verdauungsenzymen zerlegt. Dabei entstehen Bruchstücke, die die dendritische Zelle an ihre Oberfläche transportiert und dort den zytotoxischen T-Zellen unter die Nase reibt. Diese vermehren sich und machen Jagd auf all diejenigen Zellen im Körper, an denen sie dieselben Proteinbruchstücke riechen.

Kommt in die Tüte

Das Vorzeigen der Bruchstücke an zytotoxische T-Zellen heißt Kreuzpräsentation. Es ist ein extrem wichtiger Mechanismus, ohne den die Immunabwehr einen großen Teil ihrer Schlagkraft einbüßen würde. Ein Schlüsselschritt dieser Kreuzpräsentation war bislang ungeklärt: Wie gelangt das Fremdprotein aus der Tüte in das Zellinnere?

Die Wissenschaftler um Sven Burgdorf und Matthias Zehner haben diese Frage nun beantworten können. Schon lange wurde vermutet, dass ein Molekül namens Sec61 die Tüte mit dem verdächtigen Fund durchlöchert. Ein Beweis für diese These fehlte jedoch.

Sec61 entsteht in den dendritischen Zellen in einem zelleigenen Röhrensystem, das endoplasmatische Retikulum. "Es übernimmt dort lebenswichtige Aufgaben", erklärt Burgdorf, der am LIMES-Institut der Universität Bonn arbeitet (das Akronym LIMES steht für "Life and Medical Sciences"). "Wir haben nun zusammen mit Partnern aus Braunschweig eine Möglichkeit gefunden, das Sec61 in diesem Röhrensystem festzuhalten, ohne seine Funktion zu beeinträchtigen.

Protein könnte Impfstoffe verbessern

"Durch diesen Trick konnte Sec61 nicht mehr zur Tüte mit dem verdächtigen Protein gelangen. Auf den ersten Blick verhielt sich die Zelle absolut normal. "Wir weisen aber nach, dass die Kreuzpräsentation vollständig unterbleibt, wenn wir Sec61 festhalten", erklärt Burgdorf.

Mit einer in Leiden entwickelten Mikroskopietechnik konnten die Forscher zudem zeigen, dass Sec61 im Normalfall tatsächlich zur Wand der Tüte wandert. Impfstoffe funktionieren umso besser, je effektiver es ihnen gelingt, eine starke Kreuzpräsentation anzuregen.

Die Pharmaindustrie kennt inzwischen eine Reihe von Zusatzstoffen, so genannten Adjuvantien, mit denen sich die Kreuzpräsentation ankurbeln lässt. "Dennoch gelingt das nicht immer in ausreichendem Maße", betont Burgdorf. "Wir hoffen, dass unsere Grundlagenarbeit langfristig neue Möglichkeiten aufzeigt, Impfungen gegen Viren oder Tumoren weiter zu verbessern." (red, idw, 13.5.2015)