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Chicago muss seine zerrütteten Finanzen sanieren.

Foto: Reuters/YOUNG

Einen herben Rückschlag muss Chicago beim Versuch, seine zerrütteten Finanzen zu sanieren, wegstecken: Moody's hat am Dienstag die Kreditwürdigkeit der drittgrößten Stadt der USA auf Ramschniveau zurückgestuft. Der Ausblick bleibt negativ, womit die Ratingagentur ihre Skepsis zum Ausdruck bringt, dass es Bürgermeister Rahm Emanuel gelingen wird, die Stadtfinanzen in den Griff zu bekommen.

Gewaltiges Loch

Konkret klafft ein gewaltiges Loch bei der Pensionsvorsorge für städtische Beschäftigte, das zu einer Milliarden Dollar schweren Prozesslawine führen könnte. Emanuel will mit zwei der insgesamt vier Pensionsfonds der Stadt Deals aushandeln, die die Begünstigten zu einem teilweisen Verzicht auf ihre Ansprüche bewegen sollen. Allerdings stehen diese Vereinbarungen auf einem wackligen juristischen Fundament, da gemäß der Verfassung des Bundesstaats Illinois die Pensionsansprüche von öffentlich Bediensteten unantastbar sind. Erst in der Vorwoche hatte das Höchstgericht des Staates eine aus dem Jahr 2013 stammende Reform des Pensionsgesetzes aufgehoben.

Zusätzlich zu dem Loch in der städtischen Pensionsvorsorge zeigt sich Moody's auch über steigende Kosten zur Bedienung ungedeckter Schulden Chicagos besorgt, was den Haushalt zusätzlich strapazieren werde. Umgehend kritisierte Bürgermeister Emanuel, der erst im April nach einem knappen Rennen wiedergewählt worden war, die Ratingagentur: "Dieser Schritt war nicht nur voreilig, sondern es ist auch verantwortungslos, mit Chicagos finanzieller Zukunft Spielchen zu treiben, indem man die Stadt zu Steuererhöhungen bewegen will."

Illinois kämpft ebenfalls mit Problemen

Höhere Steuern auf Immobilien gelten für den Haushaltsexperten Matt Fabian vom Marktforscher Municipal Market Analytics als Alternative, damit Chicago einem Schicksal wie Detroit entgehen kann. Die Motor City wurde im Jahr 2013 zum bisher größten Pleitefall einer US-Stadt. Belastend für die Situation Chicagos kommt hinzu, dass auch der Bundesstaat Illinois mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Experten schätzen deren kombiniertes Finanzloch auf bis zu 130 Milliarden Dollar. "Chicago ist das Herz von Illinois, und es ist in niemandes Interesse, dass es Bankrott geht", wird Fabian vom Sender CNBC zitiert. Vor Steuererhöhungen schreckt Bürgermeister Emanuel jedoch zurück, würde er dadurch doch ein Wahlkampfversprechen brechen.

Auch wenn die aktuellen Finanzprobleme Chicagos jenen von Detroit ähneln, so sind sie noch nicht zu unbeherrschbarer Größe ausgewachsen. Während Moody's mit der Herabsetzung um zwei Stufen (auf Ba1) dringenden Handlungsbedarf signalisiert, messen die zwei anderen großen US-Ratingagenturen S&P und Fitch der Stadt eine Kreditwürdigkeit im Investment Grade bei. (Alexander Hahn, 13.5.2015)