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Kenan Evren mit Tayyip Erdogan.

Foto: AP Photo/Burhan Ozbilici, File])

Das Begräbnis des früheren türkischen Putschistenführers und Staatspräsidenten Kenan Evren am Dienstag in Ankara ist zu einem seltenen Moment der Geschlossenheit von Regierung und Opposition geworden. Sowohl der amtierende Staatschef Tayyip Erdogan und seine Regierung als auch Vertreter der vier Parlamentsparteien blieben der Begräbnisfeier für Evren fern, der 1980 den dritten und gewalttätigsten Putsch in der Geschichte der türkischen Republik organisiert hatte. Evren war vergangenen Samstag im Alter von 98 Jahren gestorben.

Am Sitz des Armeestabs in Ankara fand eine schlichte Zeremonie für den Exgeneral unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Armeechef Necdet Özel war wegen eines Augenleidens krankgeschrieben. Beim anschließenden Gebet in einer Moschee riefen zwei Frauen aus Protest "haram olsun" statt "helal olsun" - etwa "er/es soll schändlich sein", nicht, wie üblich, "er soll recht sein".

Der Putsch am 12. September 1980 beendete jahrelange Gewalttätigkeiten zwischen rechten und linken Extremisten auf den türkischen Straßen. Die Junta verbot eine Vielzahl von Parteien, verhängte das Kriegsrecht über das Land und ließ rund 650.000 Menschen verhaften. 52.000 von ihnen blieben noch bis in die 1990er-Jahre im Gefängnis. 50 Menschen wurden hingerichtet, 171 starben an den Folgen von Folter. Hunderttausende Türken, darunter viele Künstler und Intellektuelle, verließen das Land.

Evren ließ eine neue Verfassung schreiben, die - wenn auch oft geändert - noch heute in Kraft ist. 1982 wurde er zum Staatschef ernannt und blieb bis 1989 im Amt. Die Junta übergab 1983 formal die Macht an eine gewählte Regierung. 2014 wurde Evren zu lebenslanger Haft verurteilt. (Markus Bernath aus Istanbul, DER STANDARD, 13.5.2015)