Dasselbe Transposon, das seit mehr als 60 Jahren in D. melanogaster vorhanden ist, fanden Forschende nun auch in D. simulans.

Foto: Markus Riedl/Vetmeduni Vienna

Wien - Sie sind auf das Wesentlichste reduzierte Parasiten: Springende Gene (Transposons) nisten sich im Erbgut ihrer Wirte ein und breiten sich dort aus. Nun haben Wiener Forscher entdeckt, dass erst vor wenigen Jahren ein solches Transposon eine neue Fliegenart erobert hat, wo es sich rasch vermehrt. Nun könne man seine Verbreitungsmechanismen quasi in Echtzeit studieren, erklären sie im Fachmagazin "PNAS".

Obwohl sie ihren Wirten langfristig auch Vorteile bringen können, haben Transposons wenig schmeichelhafte Spitznamen. Die Wissenschafter bezeichnen sie etwa als "molekulare Egoisten" und "parasitische DNA", denn sie verbreiten sich ausschließlich mit Hilfe der von ihnen befallenen Organismen. Forscher haben sie zunächst in Mais, später in vielen anderen Lebewesen wie Fliegen, Menschen, Bakterien und Menschen entdeckt.

Springende Gene können im Erbgut des Wirts mittels "Ausschneiden und Einfügen" ihren Platz wechseln und sich per "Kopieren und Einfügen" vermehren. Dabei entstehen oft DNA-Brüche und Mutationen, intakte Gene werden zerstört oder die DNA-Stücke falsch zusammengesetzt.

Die Forscher um Robert Kofler und Christian Schlötterer vom Institut für Populationsgenetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben Fliegen aus aller Welt nach solchen Transposons untersucht. Dabei fanden sie bei Fliegen der Art Drosophila simulans aus Südafrika und Florida (USA) das sogenannte P-Element Transposon, das es bei dieser Art bis vor wenigen Jahren noch gar nicht gab.

Horizontaler Gentransfer

"Wir gehen davon aus, dass es von Drosophila melanogaster-Taufliegen in diese Art gekommen ist, weil es sich zu dem dort vorkommenden P-Element kaum unterscheidet", erklärte Kofler. Es wurde also nicht von einer Vater- und einer Mutterfliege an die Nachkommen vererbt, sondern gelangte über "horizontalen Gentransfer" von einer Art in die andere. "Zu den möglichen Übertragungswegen gibt es viele Spekulationen, aber möglich wären Milben, Viren oder bakterielle Parasiten", sagte er. Der Transposon-Transfer ist aber ein extrem seltenes Ereignis, sodass es ein extremes Glück oder ein Geniestreich wäre, den Überträger zu finden.

Die D. melanogaster Fliegen selbst haben das P-Element erst kurz vor den 1950er-Jahren abbekommen, mittlerweile ist es in dieser Art weit verbreitet. Das selbe geschieht seit etwa fünf Jahren nun auch in D. simulans, erklärte Kofler. Er und seine Kollegen gehen von einem einzigen Übertragungsereignis aus. "Das P-Element Transposon in D. simulans unterscheidet sich von der häufigsten Variante in D. melanogaster nur durch einen einzigen 'DNA-Buchstaben', sagte er. Diese Veränderung käme auch sehr selten in D. melanogaster vor. "Wenn dieses Ereignis öfter stattgefunden hätte, müsste man davon ausgehen, dass die viel häufiger vorkommende Variante auch übertragen worden wäre", so der Biologe.

Im Genom schnell vervielfacht

Wie rasch sich das P-Element im Erbgut der D. simulans Fliegen ausbreitet, konnten die Forscher durch die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesammelten Proben aus Florida und Südafrika nachvollziehen. Während die im Jahr 2010 in Florida gefangenen Taufliegen das P-Element an neun Stellen trugen, war es bei den 2012 in Südafrika geschnappten bereits 624, schrieben sie in dem Artikel. Mittlerweile habe es sich in den Genomen dieser Insekten wahrscheinlich weiter vervielfacht, meint Kofler.

Nun wollen die Forscher beobachten, wie sich das P-Element über viele Fliegengenerationen hinweg verhält. "Die Entdeckung des P-Elements in D. simulans bietet uns die einzigartige Möglichkeit zu untersuchen, wie und wovon Transposons eigentlich reguliert werden und wie sie überleben", erklärte Schlötterer in einer Aussendung der Vetmed Uni Wien. Außerdem sei es möglich, die damit verknüpften Abwehrreaktionen der Wirtsorganismen zu erforschen. (APA/red, derStandard.at, 12.5.2015)