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Die Kaffeekapsel nötig Innovationsexperten einigen Respekt ab. Kritiker erbost sie ob ihrer schlechten Ökobilanz umso mehr.

Foto: AP/Bonn-Meuser

Wien- Am Ende ist es nur Kaffee. Teuer, aber schick: Nespresso verbinden viele mit George Clooney. Erfinder Eric Favre ist hingegen kaum bekannt. Als der Kaffee aus der Kapsel ein Erfolg wurde, arbeitete der heute 68-jährige Schweizer schon lange nicht mehr beim Kapselgiganten. 1970 von Favre in Nestlés Forschungsabteilung erfunden, 1976 patentiert und erst zehn Jahre später in der Schweiz auf den Markt gebracht, war die Sache anfangs ein rechter Flop.

Heute gilt das System Experten als eines der Vorzeigebeispiele für gelungene Innovation. Doch woher kommt eine Neuerung, die sich am Markt so gut durchsetzt? "Vom Himmel gefallen ist die Kapsel, die der Nestlé-Tochter jährlich über vier Milliarden Franken Umsatz beschert, nicht", sagt Michael Durst, Professor für Wirtschaftsinformatik an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Stuttgart. Immerhin habe man 25 Jahre lang daran gewerkt. Genau genommen hat ein junger Nestlé-Ingenieur seine Erfindung gegen den Widerstand der Vorgesetzten durchgeboxt. So erzählt Favre zumindest die Geschichte in seinem Buch Unternehmerische Kreativität. Geschrieben hat er es Anfang der 1990er-Jahre, als Nestlé ihn auf die Straße gesetzt hatte.

Irrwege und Konflikte

Die Geschichte ist voll der Irrwege und Konflikte. Doch was Durst heute sagen kann: "Man hat den Trend dahinter erkannt, das Bedürfnis der Kunden nach Einfachheit." Durst kennt sich mit Innovieren aus. Er war mit dem Thema unter anderem bei Adidas, aber auch in diversen Fortune-500-Unternehmen befasst, bei Kunden aus den Branchen Automotive, Elektrotechnik, Finance oder Fashion. Immer ging es um geforderte Steigerungen: Wertsteigerung der IT, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Produktivitätssteigerung.

Was Durst sagen kann: "Ohne Innovation kein Überleben. Ideen gibt es genug, an der Umsetzung hapert es". Vorgezeichnet ist der Weg zur Neuerung nicht. Eines liegt nach Ansicht derer, die sich von Berufs wegen damit beschäftigen aber auf der Hand: "Wenn sie keinen Kümmerer und keine Strategie haben, können sie es gleich bleiben lassen", sagt Wilfried Sihn, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria.

Glaubt man einer Studie, die Henrik Gommel vom Fraunhofer-Institut (unter Zuhilfenahme von Daten der Statistik Austria, Anm.) durchgeführt hat, sind heimische Unternehmen diesbezüglich eher lasch unterwegs. Dabei mangele es den Unternehmen keineswegs an Geld. "Viel eher fehlt neben dem Tagesgeschäft die Zeit", sagt Gommel. Nur 30 Prozent sind laut seiner Studie innovativ. "Das ist zu wenig für einen Standort wie Österreich. Innovation muss Tagesgeschäft sein."

Was erneuern?

Dazu muss man allerdings erst einmal wissen, was man erneuern will. "Nicht jeder findet ein Ding wie Nespresso", sagt Thomas Abele, ebenfalls Lehrender an der FOM: "Vielleicht entwickle ich mein Produkt immer weiter, indem ich meine Maschinen der Corporate-Farbe des Kunden anpasse, oder ich biete zum neuen Traktor eine Applikation, die mir die Vermessung der Felder und das Sammeln und Analysieren von Basisdaten erlaubt." Fragen wie "Beschäftige ich mich mit einem neuen Markt, habe ich dafür die Kompetenzen?", seien nicht einmal für einen Konzern wie Adidas immer leicht zu lösen, ergänzt Durst. "Wir wollten etwas mit Smartphone und Sensoren machen. Es gab aber keine Leute, die das konnten." Manchmal sei schon mit einem Glücksfall viel geschafft: "Wir hatten bei Adidas einen Mann, der hatte jeden Tag 20 Ideen. Sie umzusetzen war die Aufgabe eines strukturierten Teams. Finden Sie so jemanden, kaufen Sie ihn ein."

Da kommt laut Abele die Strategie ins Spiel und die gute Nachricht: "Innovation lässt sich planen. Methoden und Werkzeuge, kann man kaufen. Mit Kreativitätsworkshops und Briefkästen für Mitarbeiterideen ist es nicht getan." Ob am Ende echtes Geld verdient wird, hängt oft an ganz anderen Faktoren. Nespresso wurde erst 1991, nachdem der Marketing-Fachmann Jean-Paul Gaillard das Ruder übernommen hatte, ein Erfolg, die Werbung mit Clooney sorgte für den richtigen Schub. Glaubt man Gerüchten, ist nun Coca-Cola an der Nespresso-Idee dran. Statt Cola aus der Flasche könnte dann dem Cola aus der Kapsel die Zukunft gehören. Findige Unternehmer haben auch schon Alternativen zum ökologisch eher unerfreulichen Kapsel-Alumüll. (Regina Bruckner, 13.5.2015)