"Drei Bären und der Mond" von Gerhard Hauer ist eine Vorlesegeschichte für Kinder ab drei Jahren.

Foto: EPA/NASA / NOAA GOES

"Drei Bären und der Mond" hat Gerhard Hauer bereits 1996 für seine damals drei Jahre alte Tochter geschrieben. Seine Geschichte ist der Siegertext unseres User-Aufrufs. Im April baten wir Userinnen und User, uns ihre liebsten selbstgeschriebenen Kindergeschichten zu schicken. Für die Gewinner gibt es nun Jahresabos der Geschichtenbox, Hörbücher und für den Siegertext, der hiermit veröffentlicht wird, einen Geschichtenbox-Lizenzvertrag.

Drei Bären und der Mond

Es wohnten drei Bären auf einer Lichtung im Wald. Der Mond, der sich in wandelnder Gestalt mal vollrund, mal sichelschmal, mal gar nicht am Himmel zeigte, hatte es ihnen angetan. Sie fanden ihn wunderschön, und wann immer es das Wetter erlaubte und keine Wolken ihren Blicken im Weg waren, schauten sie in den Nächten und oft auch tagsüber auf sein wunderbares Licht hinauf.

Eines Tages sagte der kleine Bär: "Wenn der Mond von hier schon so schön ist, wie schön muss er dann erst sein, wenn man ganz in der Nähe bei ihm oben ist!" Zuerst dachten die beiden anderen Bären, dies sei eine dumme Idee, aber als sie darüber nachdachten, begann ihnen der Gedanke zu gefallen.

Und so gingen sie durch den großen Wald bis in die große Stadt. Am Flughafen der Stadt angelangt, fragten sie den Piloten eines großen Flugzeuges: "Kannst du uns zum Mond hinauffliegen?" – "Mein Flugzeug kann zwar ganz unglaublich extrem hoch fliegen", antwortete der Pilot, "aber der Mond ist noch viel, viel weiter oben. Es geht leider nicht." – "Danke, Herr Pilot", sagten die Bären und machten sich enttäuscht auf den Heimweg.

Als sie über eine Wiese in der Nähe ihres Waldes liefen, sahen sie einen großen Heißluftballon heranschweben. "Herr Heißluftballonpilot", riefen sie hinauf, "kannst du uns vielleicht bis zum schönen Mond fliegen, der so ganz extrem hoch oben am Himmel seine Bahn zieht?" – "Heißluftballonfahrer heißt das und nicht Heißluftballonpilot!", rief der Heißluftballonfahrer von oben zu ihnen hinunter. "Außerdem ist der Mond viel zu weit weg, da kommt kein Heißluftballon jemals hin, weil da oben gar keine Luft mehr ist." Und dann schwebte er davon und war bald außer Rufweite.

Als die drei Bären wieder zu Hause waren, sagten sie sich: "Wenn wir nicht zum Mond rauffliegen können, müssen wir ihn halt weiter von unten anschauen. Das Hinaufschauen hat uns ja bisher so viel Spaß gemacht, also wird es uns auch weiterhin gefallen. Aber schön wäre es doch gewesen, wenn wir rauffliegen hätten können!" Da hatte der kleine Bär eine Idee. "Ich hab's! Ich hab's!", rief er. "Wir brauchen eine Rakete! So einfach ist das!" So einfach war es nicht. Da man Mondraketen nirgends kaufen kann wie ein Sackerl Eibischzuckerl, mussten sie ihre Rakete selber bauen. Das dauerte viele Tage, Wochen, Monate, und am Ende war die Rakete so groß wie eine riesige Kirche. Sie musste so groß sein, sonst könnte sie nie bis zum Mond fliegen. Das hatten die Bären so in Büchern gelesen, so hatten sie es gebaut, und beinahe hatten sie es auch verstanden.

Eines Tages war es so weit: Sie kletterten in die Rakete, und mit fürchterlich lautem Krach starteten sie mit Rauch und Flammen in den Himmel hinauf. Nach drei Tagen waren sie dann beim Mond angelangt. Der Mond war so groß, dass sie tatsächlich darauf landen konnten. Als sie aus ihrer Rakete ausgestiegen waren, konnten sie nur zwei Dinge sehen: Felsen, viele Felsen, und noch mehr Sand. "Ein bisserl mehr", sagten die enttäuschten Bären, "ein bisserl mehr hätten wir doch erwartet. Nur Sand und Staub und Felsen und Staub. Keine Bäume, rein gar nix. Hier gibt es nichts Schönes zu sehen. Lasst uns wieder nach Hause fliegen."

Der kleine Bär war der Erste, der die Leiter hinauf wieder in die Rakete kletterte. Beim Hinaufklettern schaute er nach oben zur Spitze der Rakete hinauf, und plötzlich rief er ganz aufgeregt: "Schaut! Schaut! Nicht zu mir sollt ihr schauen, da rauf, da oben am Himmel! Seht ihr das denn nicht?!" Und so schauten sie alle drei nach oben in den Himmel hinauf, und dort leuchtete ein großer schöner Ball ganz blau und weiß auf sie herab. "Das", sagten die Bären, "das muss die Erde sein! Die blauen Meere, die weißen Wolken! Sie ist wunderschön, noch viel schöner als der Mond von unserer Waldlichtung aus!"

Ein paar Minuten lang standen sie dann still da und schauten auf die Erde hinauf, dann kletterten sie schnell in die Rakete und flogen nach Hause. (Gerhard Hauer, 13.5.2015)