Moskau - Vertraute des Ende Februar im Zentrum Moskaus ermordeten Oppositionellen Boris Nemzow haben am Dienstag einen Bericht vorgelegt, der nach ihren Angaben "vollständige Beweise" für die Präsenz russischen Militärs in der Ukraine enthält. Der 64-seitige Bericht enthalte unter anderem Aussagen von "Schlüsselzeugen", sagte einer der Autoren, der Oppositionelle Ilja Jaschin, in Moskau.

"Alle entscheidenden militärischen Siege" der prorussischen Separatisten in der Ostukraine seien "von regulären russischen Truppen gewährleistet" worden.

Der Bericht befasst sich mit der Rolle des Kreml und des russischen Staatschefs Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt und trägt den Titel "Putin - der Krieg". Er fußt auf Recherchen Nemzows, die dieser bis zu seiner Ermordung vorantrieb.

Die Unterstützung des Aufstands im Osten der Ukraine hat Russland dem Bericht zufolger bisher mehr als eine Milliarde Dollar (897,50 Mio. Euro) gekostet. Mindestens 220 russische Soldaten seien in den Kämpfen im Nachbarland getötet worden.

Informationen aus öffentlichen Quellen

Der Bericht über die Ostukraine war das letzte Projekt, an dem der Regierungskritiker Boris Nemzow vor seiner Ermordung gearbeitet hatte. Er sammelte dafür Informationen aus öffentlichen Quellen und befragte Familien. Nemzow wurde im Februar im Zentrum Moskaus erschossen. Parteifreunde und mehrere oppositionelle Journalisten halfen, den 65-seitigen Bericht nach seinem Tod fertigzustellen. Die russische Regierung wollte sich zu den Aussagen nicht äußern.

Dem Oppositionsbericht zufolge wurden allein in der Schlacht um das Dorf Ilowaisk und in der Umgebung im vergangenen Sommer mindestens 150 russischen Soldaten getötet. Ihre Angehörigen hätten drei Millionen Rubel (rund 50.000 Euro) Schmerzensgeld erhalten. Die Zahlung sei an die Bedingung geknüpft gewesen, dass sie nicht öffentlich über den Tod ihrer Familienmitglieder sprächen. Bei den Kämpfen um Debalzewe Anfang des Jahres seien mindestens 70 Russen umgekommen. Deren Angehörigen hätten allerdings kein Geld bekommen.

In den meisten Fällen würden die russischen Soldaten formal zum Austritt aus der Armee gezwungen, ehe sie in die Ostukraine reisten, heißt es in dem Bericht. Russische Kämpfer erhielten dort umgerechnet bis zu 1600 Euro Sold im Monat.

Bei den Kämpfen im Osten der Ukraine sind mehr als 6.100 Menschen getötet worden. Der Westen wirft Russland vor, die Aufständischen mit Soldaten, Waffen, Ausbildung und nachrichtendienstlichen Informationen zu unterstützen.

Der 55-jährige Nemzow wurde in der Nacht zum 28. Februar erschossen. Die Ermordung des Regierungsgegners löste weltweit Bestürzung aus. Die russische Regierung bestreitet, militärisch in den Konflikt zwischen Separatisten und ukrainischen Truppen in der Ostukraine einzugreifen. (red/APA, 12.5.2015)