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Grillen ist nicht mehr nur Garen über dem Feuer sondern immer mehr Lifestyle-Thema.

Foto: apa/schutt

Jetzt ist die Nahrungszubereitung im Allgemeinen schon ein Gefilde, in dem sich die Geister scheiden und sich Poster in Onlineforen gern per Tastatur verprügeln, beim Grillen aber ist endgültig Schluss. Mit lustig.

Wohl kaum eine Tätigkeit kulinarischer Zuordnung eignet sich besser für Gschaftelhuberei als das Grillen. Es beginnt bei der Art des Grillers, geht weiter über die Möglichkeiten der Anfeuerung, die Bestimmung der perfekten Glut, das Pro und Kontra in Sachen Anzündofen und endet noch lange nicht bei der richtigen Musik zum Grillabend. Sicher ist: Grillen ist Chefsache, und beim Grillen ist jeder der Chef - eine Tatsache, die angesichts des wachsenden Angebots von Hard- und Software nicht unheikler wird.

Die Flut an Grillern, Zubehör, Kochbüchern etc. wächst mit jedem Sommer, die Entscheidung zwischen Säulengrill, Rundgrill, Grillwagen, Kugelgrill, Schwenkgrill, Gas-, Elektrogrill oder gar Smoker wird eine immer schwieriger zu treffende. Hinzu kommt, dass das Grillgerät immer aufwendiger und stylischer daherkommt und immer mehr den Stellenwert eines Designobjekts bekommt.

Draußen leben

Der Haubenkoch Adi Bittermann aus dem niederösterreichischen Göttlesbrunn ist ein wirklicher Chefauskenner, schließlich lehrt er das Grillen sogar in seiner eigenen Grillschule. "Ein Grill hat mittlerweile Kultstatus, es gibt schon Kugelgriller in allen möglichen Farben. Die Leute kaufen sich sogar weiße Griller. Viele sehen den Grill als kleines Kunstobjekt und Erlebnisding."

Den Grund dafür sieht Bittermann in der wachsenden Bedeutung des "outdoor living", wie er es nennt. "Heute steht hinter jedem Gartenzaun ein Grillweltmeister, der zeigen will, was er kann. Da muss das Ambiente stimmen, und dazu gehört natürlich der Grill. Bittermann selbst bevorzugt übrigens die Kugelform. "Die gibt's schon ewig, sie ist immer wieder perfekt." An dieser Form schätzt er vor allem die Vielseitigkeit, die ihn räuchern, direkt und indirekt grillen lässt. "Als Zweitgerät nehme ich gern einen Wasser- smoker, der quasi den modernen Dampfgarer ein Stück weit ersetzt. Wenn es schnell, schnell gehen muss, drehe ich allerdings das Gas auf."

Armes Würstl

Auch beim amerikanischen Grillriesen Weber, dessen kugeliger Urgrill aus einer Schiffsboje entstand, spielt man trotz dieser recht archaischen Ursprungsform grilltechnisch mittlerweile alle Stückln. Christian Hubinger, Geschäftsführer von Weber Österreich sieht den prächtig gedeihenden Grillhype folgendermaßen begründet: "Grillen hat sich mittlerweile auch in Europa zu einem sozialen Lifestyle-Event entwickelt. Die Leute grillen immer öfter und wollen nicht immer nur Würstel und Koteletts zubereiten. Deshalb wurde das Grillen immer vielfältiger und ausgetüftelter. Es gibt heute einfach viel mehr Rezepte, allein die Flut an Grillkochbüchern wäre früher undenkbar gewesen." Die Zeiten des Würstel-Aufspießens sind offensichtlich vorbei.

Grilltypen unterscheidet Hubinger im Prinzip folgende: Der eine ist der archaische, der eine Grillsession zelebriert, er liebt das Feuer, den Geruch des brennenden Holzes, sucht die perfekte Glut etc. Der andere geht eher in Richtung Convenience. Er will auf den Knopf drücken und in kurzer Zeit die perfekte und leicht regulierbare Hitze auf dem Griller haben. Das funktioniert am besten beim Gasgrill, bei dem auch das ewige Holz- oder Kohleschleppen kein Thema mehr ist. Hubinger sieht diesen Grilltypus am Stärksten im Kommen.

Gasgrills sind die Zukunft

Aber nicht nur er, auch Meistergriller Bittermann sagt dem gasbetriebenen Heißmacher eine glühende Zukunft voraus: "Der Faule, aber Intelligente nimmt sich einen Gasgriller, schaltet ihn ein und hat in relativ kurzer Zeit eine gute Mahlzeit. Der Grill bleibt sauber, Deckel drauf - und fertig."

Ähnliches gilt für den Elektrogrill-Typen. Zum Elektrogrill greift aber auch jener, dem es vielleicht per Hausordnung verboten ist, auf dem Balkon Feuer und Flamme zu machen. Das Heißräuchern, auch als "Smoken" bekannt, bezeichnet der Weber-Mann Hubinger noch als Entwicklungsland in der Grillwelt, "wenn auch mit hohen Steigungsraten. Dabei handelt es sich schon um die Königsklasse des Grillens, die manche gleich einer Wissenschaft betreiben." Beim Smoker handelt es sich um einen kohle- oder holzbefeuerten Ofen, in dem Steak und Co im heißen Rauch über Stunden gegart oder geräuchert werden.

Auch auf die Frage, warum Grillhardware immer stylischer und durchdesignter daherkommt, weiß Hubinger eine Antwort: "Das hängt mit der wachsenden Grillhäufigkeit zusammen. Es ist wie beim Auto. Wenn ich es öfter benütze, wird es wahrscheinlich ein besseres sein, mit höheren Sicherheitsstandards etc. Oder schauen Sie sich die Gartenmöbel heute und von vor 30 Jahren an. So manche Terrasse gleicht heute einer Lounge und wird zum erweiterten Wohnzimmer. Da muss natürlich auch der Grill dazu passen."

Ganzjahresgrillen

Starke Zuwächse im Grillbereich sieht auch Monika Voglgruber von Baumax, die meint, dass sich das Thema nicht mehr nur auf den Sommer konzentriert, sondern sich das Grillen immer mehr zur Ganzjahresaktivität entwickelt. Den Bedeutungszuwachs in Sachen Lifestyle, den die Kochstellen fürs Freie erfahren, beschreibt sie folgendermaßen: "Immer mehr Menschen verlegen nicht nur das Wohnen in den Garten, sondern auch die Küche. Das Bedürfnis nach wohlgestalteten Objekten liegt auf der Hand.

Deshalb wächst auch die Nachfrage nach sogenannten Grill-Kitchen." Die steigende Umsatzkurve bei Gasgrillern kann sie auch für den Baumarkt bestätigen, beim Mitbewerber Obi sagt man nichts anderes, spricht sogar von einem richtigen "Sprung". Voglgruber vergisst auch nicht, das wachsende Interesse an Kombinationsgrillern zu erwähnen. Preislich bewegt sich die Grillkollektion bei Baumax übrigens recht dynamisch. Den günstigsten Tischgriller kann man für 7,99 mitnehmen, für die üppige Grillküche blättert man rund 2000 Euro hin.

Grillen im Winter

Von einer Grillmanie inklusive Grillen im Schnee, wie sie in den USA seit langer Zeit herrscht, sieht Bittermann die heimischen Terrassen noch ein ordentliches Stück weit entfernt, auch wenn er das wachsende Interesse am Grillen ebenfalls bestätigt, was er an den Anmeldungen für seine Grillkurse merkt.

Aber auch er weiß: "In den USA ist es selbstverständlich, dass man auch im Winter rausgeht und sein Steak auf die Glut legt. Schmeckt einfach besser." Gas, Elektro, Grill-Kitchen-Monster, Lagerfeuer hin oder her: Das Internet meint: "Grillen beziehungsweise das Braten über dem offenen Feuer ist eine ursprüngliche Methode des Garens von Lebensmitteln - sie verlangt nur die Beherrschung des Feuers, benötigt aber kein Kochgeschirr." Dafür offensichtlich immer mehr andere Gerätschaften.

Das Lächeln kann trügen, denn beim Grillen versteht so mancher gar keinen Spaß, wenn's ums Dreinreden geht. (Michael Hausenblas, Rondo, 25.5.2015)