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Nicht nur Landwirte, die Chemikalien verwenden, kommen mit Pestiziden stärker in Kontakt.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien – Wenn in Österreich über Pestizide debattiert wird, geht es meist auch um Bienen. So war es auch am Montag, als die Bundes-Grünen einen Bienenschutzplan vorstellten. Wie können Pestizide aber die menschliche Gesundheit beeinflussen? Diese Frage behandelt die Umweltorganisation Greenpeace in einem neuen Bericht, der dem STANDARD vorliegt.

Die meisten Studien zu dem Thema stammen allerdings aus den USA, wo zum Teil auch andere Pestizide verwendet werden als in Europa. So heißt es denn auch im Greenpeace-Bericht, dass "ein definitiver Nachweis, dass die Exposition des Menschen gegenüber einem bestimmten Pestizid zu einer spezifischen Krankheit oder Verschlechterung des Gesundheitszustands führt, schwer zu erbringen" sei.

Kleinkinder anfälliger

Sehr wohl konnten aber "besonders exponierte oder anfällige Personengruppen" ausgemacht werden: Neben in der Landwirtschaft tätigen Personen und Pestizidausbringern seien das vor allem Kleinkinder. Auch auf Ungeborene können sich Pestizide auswirken: Es könne zu einer verzögerten kognitiven Entwicklung, Verhaltensveränderungen und Geburtsfehlern kommen. Eine Analyse neuerer amerikanischer Forschungsergebnisse ergab, dass für Kinder ein höheres Leukämierisiko bestehen dürfte, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft Pestiziden ausgesetzt waren – ob in der Landwirtschaft, im Haushalt oder im Garten.

Pestizide umfassen Insektenbekämpfungs- und Unkrautmittel sowie Fungizide, die gegen Pilze verwendet werden. Kleinkinder verbringen viel Zeit auf dem Boden und nehmen Gegenstände oft in den Mund, weshalb die Gefahr besteht, dass sie dabei Chemikalien aufnehmen – etwa, wenn sie Teppichstaub und Erde einatmen, wie US-Studien, die Urin untersuchten, nahelegen.

Negativ für Nervensystem

Es gibt Hinweise, dass Kinder auf Organophosphat-Pestizide (OPP) besonders anfällig reagieren könnten, weil sie diese Chemikalien nicht so schnell aufspalten und entgiften können. Wissenschafter aus Chile werteten mehrere Studien darüber aus und kamen zu dem Schluss, dass OPP negative Auswirkungen auf das Gehirn und das Nervensystem von Kindern haben können.

Diese Stoffe finden sich unter anderem auch in Pflanzenschutzmitteln, die in Österreich erhältlich sind. Außerdem werden sie nach Greenpeace-Angaben "in städtischen Bereichen nach wie vor zur Schädlingsbekämpfung" eingesetzt. In Bezug auf Ernährung zeigten mehrere Studien aus 2007 bis 2014, dass vor allem bei Äpfeln, Weintrauben und Salat hohe Rückstände auffielen.

Greenpeace fordert Verbot

Huem Otero von Greenpeace Österreich fordert daher ein Verbot von Pestiziden, "die krebserregend, erbgutschädigend oder fortpflanzungsgefährdend sind oder in das Hormonsystem eingreifen" sowie von "Chemikalien mit neurotoxischen Eigenschaften". Auf der anderen Seite müssten Bauern unterstützt und eine ökologische Form der Landwirtschaft gefördert werden – auch auf EU-Ebene, so Otero.

Der Anteil der Bioflächen in der österreichischen Landwirtschaft stagniert seit einigen Jahren bei rund 20 Prozent. Laut Grünem Bericht des Landwirtschaftsministeriums ging die Fläche 2013 um zwei Prozent zurück. Man stecke heuer mehr Geld in Biolandwirtschaft und erwarte sich daher eine "stärkere ökologische Ausrichtung", sagte eine Sprecherin von Minister Andrä Rupprechter (ÖVP). So wurden im Jahr 2012 im Rahmen des Agrar-Umweltprogramms für die "biologische Wirtschaftsweise" noch 99,8 Millionen Euro aufgewendet, 2015 sind es 111,9 Millionen Euro. Auf europäischer Ebene läuft derzeit noch eine Debatte über Details zur EU-Bioverordnung. Am Montag kam man in Brüssel noch zu keinem Ergebnis. (Gudrun Springer, 12.5.2015)