Das Volk sieht im Profil links neben Schützenhöfer eindeutig Voves. Die ÖVP bezeichnet es als "Raum für Interpretationen".

Foto: J. J. Kucek

Ein Paarlauf auf einem Plakat, das an eine Werbung einer Einrichtungsfirma erinnert, aber ein Wahlplakat der ÖVP ist.

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Ein Mann im Anzug, eine Frau mit Rettungsring: Designexpertin Erika Thümmel bewertet die Sujets von SPÖ und KPÖ als "konservativ".

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"Bummelwitzig und schlampig gedacht" kommen manche Sujets der Grünen rüber. Andere seien wenigstens "sympathisch frech".

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Die Expertenanalyse zu den FPÖ-Plakaten: "Einfach unter jeder Kritik – inhaltlich wie gestalterisch." Zulegen dürften die Blauen trotzdem.

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Graz – Das Wort Wahlkampf trifft für die beiden größten steirischen Parteien, SPÖ und ÖVP, vor der Landtagswahl am 31. Mai nicht zu. Die "Reformpartner" Franz Voves (SPÖ) und sein Vize, Hermann Schützenhöfer (ÖVP), veranstalten eher eine Art Paarlauf.

Seit Monaten betonten beide, dass sie füreinander Wunschpartner seien. Nun drückt sich das auch auf den Plakaten aus, die seit dem Wochenende hängen. ÖVP-Plakate zeigen nicht nur Schützenhöfer, sondern auch einen verschwommenen Mann, der an Voves erinnert: "Jeder Reformer braucht einen Partner", steht daneben, oder auch die Wortschöpfung "Reformotor". Auf einigen sind die Worte "Arbeit" und "Reform" abgebrochen. Die Botschaft darüber: "Wir sind noch lange nicht fertig."

Moderne ÖVP-Plakate

Erika Thümmel, Lehrende für Informationsdesign an der FH Joanneum, bewertet die Plakate der ÖVP als die "mit Abstand modernsten und eigentlich grafisch spannendsten und anspruchsvollsten". Wobei Thümmel bezweifelt, dass sie sofort verstanden werden. Der "Partner" etwa komme "wie ein Schatten, ein böser Geist von links ins Bild. Fast wie eine Bedrohung."

Ein ÖVP-Plakat mit Salz- und Pfefferstreuern, die mit Voves und Hermann übertitelt sind, lobt die Expertin auch: "Hier ist die eigene Partei mit Vornamen vertreten, die andere mit Nachnamen. Ich finde das nett, aber es ist schon sehr subtil." Schützenhöfer wirke "im Hemd viel moderner, als er ist". Bei Voves sei das umgekehrt. Seine Plakate findet Thümmel "extrem konservativ, ein Mann im Anzug, der zwei Drittel der Plakatwand einnimmt – die Zeit solcher Plakate ist echt vorbei".

"Hübsch, aber unpolitisch"

Die Plakate der Grünen seien "farblich sehr hübsch, aber auch sehr unpolitisch. Das Mädchen, das mir die Zunge zeigt, ist sympathisch frech, aber ein Nilpferd als Feind darzustellen ist schlampig gedacht. Das ist ein schützenswertes Tier." Das Tomaten-Sujet sei "auch etwas bummelwitzig".

Die KPÖ habe zwar auch viele Themen, aber "optisch recht konservative Plakate", so Thümmel, "außerdem symbolisiert der Rettungsring für mich die persönliche Hilfe, nicht das strukturelle Lösen von Problemen".

Zu den FPÖ-Sujets fällt die Analyse kurz aus: "Das ist einfach unter jeder Kritik – inhaltlich wie gestalterisch. Wie selbstgebastelt. Man wundert sich, dass es so etwas überhaupt noch gibt."

Filzmaier: Reformen als Motiv überbewertet

Doch der Einfluss der Plakate ist ohnehin enden wollend. Gut zwei Drittel der steirischen Wähler und Wählerinnen finden die Reformschritte von Rot-Schwarz bei jüngsten Befragungen nämlich völlig in Ordnung. Und trotzdem punktet auch die Opposition in den Umfragen. Aktuell rangiert die FPÖ zwischen 20 und 24 Prozent, was mehr als eine Verdoppelung von 2010 bedeuten würde.

"Das ist kein Widerspruch. Auch wenn zwei Drittel für die Reformen votieren, bleibt noch genug Raum für Gegner", sagt Politologe Peter Filzmaier, "man darf die Frage der Reformpolitik nicht überbewerten. Das ist nur eines von mehreren Wahlmotiven." Entscheidend sei: "Geht es mir besser oder schlechter als vor fünf Jahren, und was erwarte ich in den nächsten fünf Jahren." Eine seiner Untersuchungen habe ergeben, dass sich die Mehrheit subjektiv schlechter als vor 2010 fühle und auch Angst vor der Zukunft habe.

Dieser Aspekt der Zukunftsperspektive geht auch Politikberater Thomas Hofer bei den Wahlkampagnen von SPÖ und ÖVP ab: "Ich sehe da keine Zukunftserzählung. Ich habe den Eindruck, SPÖ und ÖVP verlassen sich darauf, dass die Menschen Danke sagen für die Reformpolitik. Aber da hatte sich auch Wolfgang Schüssel verschätzt, der glaubte, die Wähler danken ihm die Reformen." Das Defizit an Visionen spiele der FPÖ, die sich als Gegnerin der Reformpolitik gibt, zu, sagt Hofer.

FPÖ statt Navratil und Huber

Dass FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek keine guten Persönlichkeitswerte aufweise, spiele eine sekundäre Rolle, glaubt Filzmaier: "Letztlich geht es um die allgemeine Stimmung, die auch der Bund mitprägt. Gewählt wird die Marke FPÖ und Strache. Ob der steirische Kandidat Navratil oder Huber heißt, ist egal." In der Auseinandersetzung zwischen der SPÖ-ÖVP-Koalition und der FPÖ kommen die anderen Oppositionsparteien in Bedrängnis.

Die Grünen sind "nicht so stark wie erwartet", sagt Hofer, "und die Neos zittern um ein Grundmandat, was für sie tief blicken lässt. Denn wenn sie es in der zweitgrößten Universitätsstadt Österreichs nicht schaffen, wo dann?" Relativ konstant blieben die Kommunisten – weiterhin ein steirisches Phänomen.

Für Hofer ist die steirische Wahl "die wichtigste Wahl des Jahres". Entscheidend sei, wie die Bundespolitik auf das Ergebnis reagiere. (Walter Müller, Colette M. Schmidt, 12.5.2015)