Frage: Was wird benötigt, um einen EU-Militäreinsatz im Mittelmeer völkerrechtlich zu legitimieren?

Antwort: Um in libyschen Hoheitsgewässern zu agieren, bedarf es einer Erlaubnis des entsprechenden Landes. Dies ist angesichts der chaotischen Verhältnisse in Libyen mit zwei konkurrierenden Regierungen derzeit nicht möglich. Daher bräuchte die EU ein UN-Mandat für die geplante Operation. Das wird auch benötigt, um Schiffe, die unter einer Landesflagge auf hoher See fahren, zu durchsuchen.

Frage: Wie wahrscheinlich ist ein Militäreinsatz der EU gegen Schlepper?

Antwort: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte bereits, dass es keine militärische Lösung für die Flüchtlingstragödie gebe. Und auch UN-Vetomacht Russland hat bereits erklärt, strikt gegen einen Militäreinsatz zur Zerstörung von Booten im Mittelmeer zu sein. Allerdings ließ der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow verlauten, dass es eine "andere Sache" wäre, die Boote "nur zu stoppen". Durch diese Hintertür erscheint also zumindest eine abgeschwächte UN-Resolution möglich. Abgesehen davon geht man laut EU-Diplomaten in Brüssel davon aus, dass man für die Durchsuchung von unbeflaggten Schiffen kein UN-Mandat benötigt. Bereits beim Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister am 18. Mai könnte es EU-Kreisen zufolge das Okay für einen Militäreinsatz im Mittelmeer geben. Laut dem österreichischen Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk wäre dies im Rahmen der Eigensicherung legitim, da jede kriminelle Handlung eine Bedrohung für den EU-Raum darstellt.

Frage: Was wird benötigt, um eine etwaige österreichische Beteiligung zu legitimieren?

Antwort: Laut Funk würde solch ein Militäreinsatz eine Art Assistenzleistung für einen Polizeieinsatz darstellen, ähnlich einem Grenzeinsatz in Österreich, bei dem die Polizei das Bundesheer zur Unterstützung anfordert. Gäbe es ein UN-Mandat, würde eine österreichische Beteiligung einem Auslandseinsatz des Bundesheers gleichkommen.

Frage: Wie will die EU Schlepper- von anderen Booten unterscheiden?

Antwort: Bei einem Treffen einiger europäischer Verteidigungsminister am Sonntag wurde vereinbart, Geheimdienstdaten auszutauschen, um bessere Informationen über die Schlepper und ihre Arbeitsweise zu erhalten. Luftaufnahmen, Radarüberwachung, Telefonüberwachung sollen ein gezieltes Vorgehen ermöglichen. Weitere Details sind nicht bekannt.

Frage: Welche Risiken gäbe es bei einem solchen Einsatz?

Antwort: Es gibt Befürchtungen, dass Flüchtlinge bei Angriffen auf Schlepperboote versehentlich getötet oder von Schleppern als menschliche "Schutzschilde" eingesetzt werden könnten. Außerdem meinte der französische Ex-Admiral Alain Coldefy zur Agence France-Presse, dass Marineeinheiten zwar größere Schiffe erstürmen könnten, "aber bei mit panischen Flüchtlingen vollgestopften Booten ist das unmöglich". Und dann bliebe trotz Geheimdienstarbeit die Frage, die der britische Autor Matt Carr bereits gestellt hat: "Wie will man ein 'gutes' von einem 'schlechten' Boot unterscheiden?"

Frage: Die EU nimmt sich dabei die EU-Mission Atalanta als großes Vorbild. Was genau ist das?

Antwort: Mission Atalanta wurde im Dezember 2008 gestartet, um die Piraterie vor dem Horn von Afrika einzudämmen. Auf Basis mehrerer UN-Resolutionen schützen EU-Kriegsschiffe Schiffe auf der viel befahrenen Route. Dafür dürfen Soldaten zur Not auch Waffengewalt einsetzen. Mission Atalanta gilt als großer Erfolg. (Kim Son Hoang, 12.5.2015)