Wien - Schimmelpilzen eilt ein schlechter Ruf voraus, dennoch spielen sie in der industriellen Herstellung vieler Produkte unseres täglichen Lebens eine wichtige Rolle. Wie österreichische Forscher nun in "Molecular Microbiology" berichten, kommunizieren Schimmelpilze der Art Trichoderma reesei nicht nur mittels Pheromonen, sondern auch über weitere, bisher unbekannte Wege. Die Entdeckungen könnten auch dabei helfen, die Fortpflanzung bei anderen Schimmelpilzen anzuregen.

Pilze wie Trichoderma reesei spielen eine wichtige Rolle bei Produktionsprozessen in der Industrie, etwa bei der Herstellung von Papier oder Textilien, aber auch bei der Erzeugung von Biotreibstoffen. Um diese Verfahren zu optimieren, ist es auch notwendig, die Pilze zu verändern. Das kann etwa durch gezielte Kreuzung oder durch Manipulation der Gene erreicht werden.

Bei Trichoderma reesei handelt es sich um den ersten industriell bedeutenden Schimmelpilz, für den eine sexuelle Kreuzungsmethode im Labor entwickelt wurde. Davor konnten die Stämme nur mit gentechnischen Methoden oder dem Einsatz von Chemikalien verändert werden.

Wichtiges Regulierungsprotein

Forscher des Austrian Institute of Technology (AIT) und der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien haben nun untersucht, wie die Vermehrung der Pilze im Detail funktioniert. Dass dabei bestimmte Botenstoffe, sogenannte Peptid-Pheromone, eine wichtige Rolle spielen, war bereits bekannt.

Die Wiener Wissenschafter sind nun aber auf einen bisher unbekannten Kommunikationsweg gestoßen: Sie fanden heraus, dass ein Protein der sogenannten "Velvet-Familie" wichtig ist, damit zwei Pilzstämme einander erkennen und es zur erfolgreichen sexuellen Vermehrung kommt. Dieses Protein reguliert das Senden und Empfangen der Pheromonsignale, aber auch die Ausscheidung weiterer Moleküle, die mit der Fortpflanzung in Verbindung stehen.

Industrielle Anwendung denkbar

Die Pheromone signalisieren in etwa: "Hallo, ich bin da und wir könnten", sagte die AIT-Forscherin Monika Schmoll. Sie und ihre Kollegen konnten nun zeigen, dass noch weitere Stoffe an dieser Kommunikation beteiligt sind. Welche das sind und was sie jeweils tun, könne man allerdings noch nicht sagen. Es zeigte sich aber, dass deren Zusammensetzung stark davon abhängig war, ob und welchen potenziellen Partner die Forscher dem Pilz präsentierten und ob dieser über das Velvet-Protein verfügt oder nicht. "Man sieht dann: Sie reden miteinander. Nimmt man ihnen Velvet aber weg, dann funktioniert das nicht mehr", so Schmoll.

Damit sei es erstmals gelungen, die chemische Kommunikation zwischen potenziellen Partnern zu zeigen. Das sei interessant, da die Kreuzung vieler Pilze, die in industriellen Prozessen eingesetzt werden, nur sehr langsam, nicht zuverlässig oder überhaupt nicht funktioniere. Gerade bei Pilzen sei die Züchtung ohne Gentechnik aber von großer Bedeutung. Das bessere Verstehen der Vorgänge in "Trichoderma reesei" könne zukünftig vielleicht auch die Kreuzung anderer Pilze verbessern. (APA, red, 15.5.2015)