Es sollte niemanden überraschen, dass ein Münchner Gericht im Milliardenstreit zwischen der BayernLB und der Republik Österreich für die bayerische Bank entschieden hat. Richterin Gesa Lutz hat ihr Urteil rechtlich begründet – die genaue Urteilsausfertigung steht noch aus. Aber dass Lokalpatriotismus auch eine Rolle gespielt hat, ist nicht auszuschließen.

Denn auf die Frage, ob die Kredite der Bayern an die Hypo Alpe Adria zurückgezahlt oder als Eigenkapitalersatz zu gelten haben, gibt es keine eindeutige Antwort und hängt von vielen subjektiven Einschätzungen ab.

Richter sind auch Menschen, lesen Zeitungen und hören, was ihre Politiker sagen und empfinden Solidarität mit ihrem eigenen Land. Es hätten die Argumente der österreichischen Seite schon sehr überzeugend gewesen sein müssen, dass Lutz ihrem Land einen Milliardenschaden zufügt.

Schlechte Karten in Deutschland

In der Berufung werden solche Überlegungen vielleicht weniger eine Rolle spielen. Aber angesichts der aufgeheizten Stimmung in Deutschland in der Causa Hypo/Heta hat Österreich bis zum Bundesgerichtshof hinauf eher schlechte Karten.

In den Verfahren, die vor österreichischen Gerichten ausgetragen werden, sind diese etwas besser – selbst wenn die Irrtumsanfechtung der Verstaatlichung 2009, die Finanzminister Hans Jörg Schelling vor heimischen Gerichten betreibt, rechtlich auf eher wackeligen Beinen steht.

Kein Garant für faire Urteile

Was die Verfahren rund um die Hypo zeigen, ist, dass nationale Gerichte bei grenzüberschreitenden Causen kein Garant für faire Urteile sind. Das gilt auch für so angesehene Justizsysteme wie die in Deutschland und Österreich, und auch für Staaten, die eigentlich eng befreundet sind.

Deshalb fürchten sich ausländische Investoren in aller Welt vor Verfahren in nationalem Rechtssystem und drängen, wo sie können, auf unabhängige Schiedsgerichte.

Ein neutraler Ort für den Rechtsstreit

Auch bei der Hypo wäre es viel besser, wenn Österreich und Bayern ihre Streitigkeiten nicht vor Gerichten in München und Wien, sondern vor Rechtsexperten aus anderen Ländern ausgetragen werden, an einem neutralen Ort wie Genf oder Paris.

Das wäre möglich gewesen, wenn es schon bei den Hypo-Anleihen, beim Kauf der Hypo durch die BayernLB 2007 und bei der Rückverstaatlichung 2009 Schiedsklauseln vereinbart worden wären. Dann hätten im Streitfall private Schiedsgerichte entschieden.

Bessere Chance auf Generalvergleich

Sicher hätten dann einige Anwälte und Rechtsprofessoren sehr viel verdient, aber die Kosten sind vor den nationalen Gerichten nicht niedriger – wahrscheinlich sogar höher. Und ein Schiedsgericht hätte auch die vielen Streitfragen zwischen München und Wien zu einem Verfahren bündeln und damit den Weg für einen Generalvergleich freimachen können.

Selbst die Vertraulichkeit von Schiedsverfahren wäre ein Vorteil gewesen: Hinter geschlossenen Türen kann man leichter Kompromisse eingehen als im Licht der Öffentlichkeit.

TTIP mit Schiedsgerichten

Deshalb ist die geplante Schiedsgerichtsbarkeit im US-EU-Freihandelsabkommen TTIP eine gute Idee und der Widerstand dagegen verfehlt. Es geht nicht um Sonderrechte für Konzerne, sondern um neutrale Entscheidungsorte für grenzüberschreitende Streitigkeiten.

Dies könnte auch ein internationaler Investitionsgerichtshof sein, wie ihn die EU-Kommission jetzt vorschlägt. Allerdings muss der erst geschaffen werden. Traditionelle Schiedsgerichte haben bisher auch ihren Zweck erfüllt und in nur wenigen Fällen offensichtliche Fehlurteile gefällt.

Ausländische Urteile gelten als ungerecht

Das Hauptproblem an der jetzigen Situation ist, dass selbst ein rechtlich korrektes Urteil aus Deutschland in Österreich als ungerecht empfunden werden wird, wenn es dem Steuerzahler zu viel kostet. Das gilt für alle Urteile nationaler Gerichte, die ausländischen Interessen beeinträchtigen – siehe die Reaktion Argentiniens auf das New Yorker Urteil, wonach Anleihen voll an die klagenden US-Hedgefonds zurückgezahlt werden müssen.

Ein Schiedsurteil in einem anderen Land, wie immer es ausgeht, würde eher als legitim gesehen werden. (Eric Frey, 10.5.2015)