Das ist sicher kein Zufall. Erst blamieren sich die Freiheitlichen mit ihren Rechtschreibfehlern mehrfach bis auf die blauen Knochen, dann werden in einem Gymnasium in Salzburg die Angaben für die Lateinmatura aus einem Tresor geklaut.

Das gesunde Volksempfinden ist bei Tresorknackern schnell mit einer Theorie bei der Hand: Es werden schon wieder irgendwelche Moldawierbanden gewesen sein, die seit Jahr und Tag wie die Heuschrecken über Österreich herfallen. Ein Verdacht, der in dieser Causa schlichtweg absurd ist. Denn: Kriminelle Moldawier interessieren sich immer nur für Bargeld, Juwelen, Geschmeide oder Fahrradsättel, fast nie aber für Maturaangaben.

Die weit wahrscheinlichere Hypothese des Krisenkolumnisten: Es waren ein paar FPÖ-Funktionäre, die die kostbaren Lateinaufgaben heimlich geflaucht haben, um sie als Werkzeug gegen die Bildungskrise der Partei einzusetzen. Die FPÖ hat nämlich ein Bildungsproblem. Das ist seit den letzten Glanzleistungen ihrer rabiatesten Rechtschreibtölpel unübersehbar.

Natürlich kann die Partei auch weiterhin Plakate in abenteuerlicher Orthografie affichieren ("Auslennter rauß!" "Der Musslim zoll sich prausen gähn!"). Nur: Mit solchen Parolen kann man vielleicht bei ein paar semikomatösen Naziglatzen, die seit den 1980ern nicht mehr aus dem Bierdampf herausgekommen sind, Eindruck schinden.

Ganz sicher nicht bei den Spitzen der Gesellschaft, den Rechtsauslegern in Richterschaft, Anwaltei oder im Immobiliengeschäft, die man als Partei knapp innerhalb des Verfassungsbogens auch braucht. So gesehen, geht die Strategie des FPÖ-Hausphilosophen Kickl, sich in Aussendungen und Werbesprüchen stets blöder zu stellen, als er es in Wahrheit ist, einfach nicht auf.

Ein schnelles Notprogramm, um die Partei wieder intellektuell auf Vordermann zu bringen: obligatorische Zentralmatura für alle Funktionäre (nicht Latein, vor allem Deutsch). Und bei der nächsten Rede auf dem Viktor-Adler-Markt muss Hazee dringend ein paar brillante Bildungsbonmots einflechten: "O tempora, o mores! Traun fürwahr: Sintemalen der Moloch zu Brüssel die Herrschaft über uns errungen hat, gebricht es uns an Sicherheit. Ceterum censeo: Ausländer raus!" Gepflegte, gelehrte Worte. So würde sich auch Österreichs Intelligenzija von der FPÖ angesprochen fühlen. (Christoph Winder, Album, 8.5.2015)