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Gedenkfeiern in Polen.

Foto: AP Photo/Czarek Sokolowski

Danzig – Erinnerung an die Toten des Krieges, Zukunftsvision eines Frieden im gemeinsamen europäischen Hauses. Bei der Gedenkfeier auf der Westerplatte ging es vor allem um den langen Weg der Osteuropäer ins geeinte Europa.

Zu mitternächtlicher Stunde waren die Vertreter des Ostens weitgehend unter sich: Auch wenn Polens Präsident Bronislaw Komorowski Spitzenvertreter aller europäischer Staaten zur Gedenkfeier auf die Westerplatte bei Danzig eingeladen hatte, kamen in der Nacht auf Freitag vor allem die Präsidenten jener Staaten, die 1945 das Schicksal Polens teilten: Befreit von deutscher Besatzung, aber um das Gefühl des Sieges betrogen. Die Freiheit, von der sie träumten, gab es für sie erst nach den friedlichen Revolutionen des Jahres 1989.

Erinnerung an Ostblock

Komorowski sprach daher nicht nur von den Millionen Toten des Krieges und den Opfern aller Seiten, an allen Fronten, er erinnerte auch an das Schicksal der Völker "auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs", an jahrzehntelangen Freiheitskampf, der immer wieder gewaltsam niedergeschlagen wurde - in Budapest, in Prag, in Danzig.

Vor UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, EU-Ratspräsident Donald Tusk und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zog Komorowski den Bogen in die Gegenwart: "Der andauernde Krieg in der Ukraine erlaubt uns nicht zu vergessen, dass es in Europa noch Kräfte gibt, die Erinnerungen an das schwärzeste Kapitel der Geschichte Europas im 20. Jahrhundert hervorrufen, die weiterhin nach der Logik von Einflusssphären handeln, die sich bemühen, Nachbarn in der Abhängigkeit von Vasallen zu halten, die die zivilisierten Grundlagen des Rechts und der Beziehungen zwischen Nationen nicht respektieren."

Es falle daher schwer, den 70. Jahrestag des Kriegsendes als einen Freudentag zu feiern, wenn in unmittelbarer Nachbarschaft eine Politik verfolgt werde "wie es sie in Europa seit 1945 nicht gab". Das gefährde auch den Frieden Europas, und hier dürfe Europa nicht schweigen, forderte Komorowski vor dem hell erleuchteten Denkmal der Verteidiger der Westerplatte, jener polnischen Militärgarnison, die sich im September 1939 gegen eine deutsche Übermacht verteidigte. "Diejenigen, die in einer Welt leben wollen, in der der Nachbar nicht den Nachbarn fürchten muss, brauchen unsere Solidarität", mahnte der polnische Präsident. Auch dies sei eine Lehre des Zweiten Weltkriegs, müsse eine Verpflichtung für die heutigen europäischen Führer sein.

Geschichte

Ähnlich hatte sich kurz zuvor auf einer Diskussionsveranstaltung bereits die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite geäußert. "Wir die baltischen Staaten, die Staaten Osteuropas verstehen genau, wie heute die Bedrohung durch unseren östlichen Nachbarn ist", sagte sie. "Unsere Geschichte, unsere Erinnerung lassen uns besser verstehen, wo die Ukraine heute steht."

"Man darf die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg nicht ignorieren", forderte auch der ukrainische Poroschenko - und unterstrich in Danzig noch einmal, er sei den westlichen Politikern dankbar für die Absage eines Besuchs der Moskauer Militärparade am 9. Mai, dem russischen Tag des Sieges: "Der Aggressor zeigt der ganzen Welt unter dem Vorwand des großen Sieges seine ganze Stärke. Einige der Einheiten, die an der Militärparade in Moskau teilnehmen, waren noch vor ein paar Tagen im Donbas."

Das Feuerwerk, das am Ende der Gedenkfeier zu den Klängen der Europahymne in den Himmel stieg, funkelte blau und goldgelb: Die Farben der EU – und die Farben der Ukraine. (Eva Krafczyk, dpa, APA, 8.5.2015)