Nichts wurde aus dem angekündigten Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Labour und den Konservativen. Gleich zu Beginn des britischen Wahlabends wies die erste Exit-Poll den Konservativen einen deutlichen Vorsprung aus, der sich mit den nächtlichen Auszählungen verfestigte und an der Prognosefähigkeit der Umfrageinstitute zweifeln ließ. Für Premier David Cameron ging damit noch einmal alles glimpflich aus. Ja, sogar die Absolute schafften seine Konservativen noch.

Dennoch erscheint der Sieg im Licht der regional sehr facettenreichen Ergebnisse weniger vielversprechend, als er sein könnte. Das Mehrheitswahlrecht verschleiert gekonnt, dass die Zahl der Stimmen pro erreichtem Sitz zwischen den Parteien stark auseinanderklafft. So entfallen auf den jeweils einzigen Sitz von Grünen und Ukip Millionen abgegebene Stimmen. Tories, Labour und Schottischer Nationalpartei (SNP) reichen dagegen schon weniger als 40.000 Stimmen für einen Sitz im Unterhaus.

Wer auch immer in der Downing Street nun den Ton angibt, die politische Union Großbritannien ist an diesem Abend stark auseinandergedriftet. Die Sitzverteilung im House of Commons spiegelt kein flächendeckendes Mehrparteiensystem wider, das die Vormacht der Großparteien aufbricht. Vielmehr zeigt sich, dass die Wahl der Schotten, Waliser, Engländer und Nordiren stark von den jeweiligen Eigeninteressen geprägt war. Die Lokalmatadore konnten reüssieren; Grüne, Liberaldemokraten und Ukip dagegen nicht bestehen.

EU infrage gestellt

Insbesondere die Schotten haben durch ihr zahlreiches Erscheinen an den Urnen und die uneingeschränkte Unterstützung für die SNP einmal mehr klargemacht, was sie vom Zentralismus in London halten, und Labour einigen Schaden zugefügt.

Doch neben den Divergenzen innerhalb Großbritanniens wird auch noch eine ganz andere politische Union durch das Ergebnis infrage gestellt. Camerons angekündigtes Referendum zum Austritt aus der EU scheint nun unausweichlich. Sollte sich Großbritannien tatsächlich verabschieden, könnte das die EU in ihren Grundfesten erschüttern. Zerfallserscheinungen sind jedoch – wie diese Wahl sichtbar machte – nicht nur auf supranationaler Ebene zu sehen. Auch Großbritannien lässt sich durch den Nationalismus auseinanderdividieren. (Teresa Eder, 8.5.2015)