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Aufsicht und Wettbewerbshüter untersuchen nicht das Gepäck am Flughafen Wien, sondern die Rechnungslegung der Bodenabfertigung - hinsichtlich Quersubventionen, was der VIE bestreitet.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Ein wenig turbulent ist die Luft derzeit für den Vorstand der Flughafen Wien AG. Vorige Woche sind bei Finanzmarktaufsicht FMA, Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung und Bundeswettbewerbsbehörde (wohlgemerkt: anonyme) Anzeigen eingetrudelt, in der den Verantwortlichen "strafbare Handlungen" rund um interne Dienstleistungen und Verrechnungen vorgeworfen werden. Behauptet werden darin Übertretungen des Flughafen-Bodenabfertigungsgesetzes, zudem wird der Vorwurf der Bilanzfälschung und Marktmanipulation sowie des unlauteren Wettbewerbs erhoben.

Im Mittelpunkt der vom Flughafen strikt zurückgewiesenen Schilderungen steht der Geschäftsbereich Abfertigungsdienste ("Handling"). Bei der Bodenabfertigung muss gemäß EU-Vorschriften Wettbewerb herrschen, der Bereich muss von den übrigen Geschäftsbereichen abgetrennt sein und darf nicht in die roten Zahlen kommen (es gilt aber ein dreijähriger Durchrechnungszeitraum). So sollen Wettbewerbsverzerrungen durch unternehmensinterne Quersubventionierung verhindert werden.

"Vorfeldschlepp"

Viele Airports haben diesen Bereich ausgelagert, die Flughafen Wien AG aber selbst besorgt ihn selbst, es gibt aber eben auch einen Mitbewerber. Im Rahmen des Handlings werden, zum Beispiel, Flugzeuge, Fracht und Passagiere abgefertigt, Flugzeuge geputzt oder enteist (ein lukratives Geschäft). Auch das Abschleppen von Fliegern auf andere Parkplätze im Auftrag des Flughafens (weil es etwa Wartungs- oder Bauarbeiten auf der Parkposition des Fliegers gibt) gehört dazu: der "Vorfeldschlepp".

Genau darum geht es in den Sachverhaltsdarstellungen, die dem STANDARD vorliegen. Der anonyme Anzeiger beruft sich auf die Ergebnisdarstellungen von 2011 bis zur Hochrechnung für 2015. Aus diesen ergibt sich, dass es 2011, 2012 und 2013 keinen Cent Erlös aus "Vorfeldschlepps" gab, erst ab Oktober 2014 wurden interne Zahlungen für diesen Dienst gebucht: rund 1,86 Mio. Euro für 7490 Abschleppungen, also rund 20 pro Tag. In Plan und Hochrechnung für 2015 sind wieder null Schleppdienste vorgesehen.

Der Anzeiger vermutet nun, dass diese Schleppungen gar nicht stattgefunden haben und die börsennotierte Flughafen Wien AG (Niederösterreich und Wien halten je 20 Prozent, Private 50 und die Mitarbeiterstiftung zehn Prozent) den Bereich unerlaubterweise "betriebsintern subventioniert hat". Und zwar im Oktober, "als sichtbar wurde, dass das Gesamtergebnis des Geschäftsbereichs möglicherweise negativ werden könnte".

Die Zahlen dahinter: 2011 hat Handling 2011 (eben ohne Erlöse aus Vorfeldschlepps) einen Verlust von 3,2 Mio. Euro geschrieben, 2012 und 2013 wurden 8,7 bzw. 8,4 Mio. Euro verdient. 2014 dann (mitsamt den Erlösen aus den Abschleppungen) 2,4 Mio. Euro. Ohne "Vorfeldschlepp" hätte der Bereich nur einen kleinen Gewinn von 519.200 Euro eingefahren.

Was dem Anzeiger noch aufgefallen ist: Der Treibstoffverbrauch der Fahrzeuge, die die Flugzeuge auf dem Vorfeld herumziehen, ist von 2013 auf 2014 um 14 Prozent gesunken.

Flughafen weist Vorwürfe zurück

Die Flughafen Wien AG kennt die Vorwürfe der "verdeckten Finanzflüsse ... und fehlenden buchhalterischen Trennung der Abfertigungsdienste von anderen Gesellschaftsbereichen" sowie die übrigen - und weist sie zurück. "Wir haben nichts schön gerechnet"; so ein Sprecher des Unternehmens. Seine Erklärung: Auch 2011, 2012 und 2013 hätten "Vorfeldschleppe" stattgefunden (7548, 8491 und 7031), das sei auch nachweisbar. Allerdings seien sie nicht verrechnet worden, denn ab da habe man durch den neuen Terminal 3 auch mehr Platz auf dem Vorfeld gehabt. Die Annahme, dass deswegen auch weniger Vorfeldschleppe notwendig würden, habe sich dann aber nicht erfüllt. "Also haben wir im Oktober 2014 wieder mit der Verrechnung begonnen".

Warum auch 2015 (bislang) keine Schleppaktivitäten im Zahlenwerk aufscheinen? "Das wird sich ändern, die Leistungen werden auch 2015 wieder verrechnet werden", erklärt der Sprecher.

Am Flughafen Wien hegt man den Verdacht, dass der Anzeiger die Vorstandsmitglieder (Julian Jäger und Günther Ofner; der kritisierte Bereich ressortiert zu Ersterem) in ihrem Bemühen um Vertragsverlängerung schaden möchte. Die Ausschreibung läuft gerade. Zudem sei es kein Zufall, dass die Anschuldigungen gerade zur Zeit der Hauptversammlung aufgekommen seien, die gestern, Mittwoch, stattgefunden hat. Und: Die Flughafen Wien AG hat am Mittwoch Verleumdungsanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Gegen unbekannte Täter. (Renate Graber, 7.5.2015)