Dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine mutmaßliche Liste von Suchanfragen des US-Geheimdienstes NSA an den Bundesnachrichtendienst (BND) erst nach Beratungen mit Washington vorlegen will, stößt beim Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), Andre Hahn, auf scharfe Kritik. Würden die Unterlagen nicht vorgelegt, werde die Opposition Verfassungsklage einbringen.

Forderung

"Wenn man die Unterlagen nicht herausgibt, dann ist eine Aufklärung kaum möglich", sagte der Linken-Politiker am Mittwoch zum Radiosender Bayern 2. "Wenn es sich um Straftaten handelt, dann sollen die Amerikaner darüber entscheiden, ob man uns Beweismittel zur Verfügung stellt?", fragte Hahn im ARD-"Morgenmagazin". "Das kann ja wohl nicht sein." Das PKGr überwacht die Arbeit der deutschen Geheimdienste.

In der BND-NSA-Affäre geht es um den Vorwurf, der deutsche Geheimdienst habe dem US-amerikanischen beim Ausspionieren europäischer Unternehmen und Institutionen, darunter auch Behörden in Österreich, geholfen. Aufschluss darüber soll eine Liste sogenannter Selektoren liefern - das sind Suchbegriffe, nach denen die NSA den BND angeblich forschen ließ.

Konsultation

Merkel hatte am Dienstag zu der Forderung, den zuständigen parlamentarischen Gremien die Liste vorzulegen, zu Radio Bremen gesagt, Deutschland befinde sich derzeit "im Konsultationsverfahren" mit den USA. "Und danach können wir erst die Entscheidungen treffen", sagte die Kanzlerin.

Hahn von der Linken sieht aber nicht nur Merkel sondern auch die mitregierende SPD im Zugzwang. Es sei "wichtig, dass sie dazu beiträgt, dass aufgeklärt wird, sie kann Druck machen". Auch der frühere Kanzleramtschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) könne "zur Aufklärung beitragen", sagte Hahn im "Morgenmagazin".

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele warf der Regierung im HR-Inforadio vor, sie habe "eklatant deutsche Gesetze verletzt". Er nahm damit auf den Vorwurf Bezug, der BND habe unter anderem Handynummern an die USA weitergegeben. "Alle Chefs haben damit zu tun. Entweder durch Unterlassung oder eine positive Mithilfe, da sie von der Sache wussten", sagte Ströbele. Sobald bekannt sei, wer welche Verantwortung trage, werde es um "personelle Konsequenzen" gehen müssen. (APA, 6.5.2015)