Wien - Fast scheint es, als hätte der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres bereits bei Unterschriftsleistung mit dem Schlimmsten gerechnet. "Diese Vereinbarung ist den Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen", zitiert er dem STANDARD aus der Vereinbarung mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes betreffend. Genau das ist Montagabend passiert - und die Gremien haben (mit 35 von 50 Mandataren) ziemlich eindeutig gegen dieses Ergebnis gestimmt.

Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) murrte tags darauf, sie finde diese Ablehnung nicht nur "sehr bedauerlich", sondern auch "höchst unseriös". Sie will sowohl an den neuen Dienstzeitmodellen als auch an den Strukturreformen weiterarbeiten. Auch das neue Gehaltsschema, das bereits Ende März den Landtag passiert hat, bleibe gültig.

Szekeres ist hingegen der Überzeugung, man könne einen "Konzern nicht gegen 90 Prozent der Angestellten (in dem Fall: Ärzte, Anm.) führen. Zwar habe man in der Kuriensitzung keinen Streikbeschluss gefasst, ausgeschlossen aber auch nicht. Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten steht hingegen zum Ende Jänner erzielten Verhandlungsergebnis. Und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) lässt den Ärzten vorsorglich ausrichten, dass er für Streiks "kein Verständnis" habe.

Bumerang

Im AKH will man bis Mitte Mai entscheiden, ob man die Streikbereitschaft der Ärzte abfragt. Anders als bei den Gemeindespitälern bleiben hier vor allem finanzielle Fragen offen. Szekeres: "Was die Kollegen nicht verstehen ist, dass man Grazern und Innsbruckern etwas zahlt, was man den Wienern vorenthalten will." Gemeint sind Einmalzahlungen bzw. eine rückwirkende Auszahlung des erhöhten Grundgehalts. Anders die Problemlage im KAV: Hier ortet der Ärztechef einen massiven Vertrauensverlust, sowohl was die versprochenen individuellen Arbeitszeitlösungen als auch die geplanten Stellenkürzungen anlangt.

Das Thema Streik ist für die Ärzteschaft trotzdem ein heikles, könnte es doch in der Außenwahrnehmung zum Bumerang werden. Allerdings, findet Szekeres, müsse die Notversorgung ohnehin gewährleistet sein. "Und die Routineversorgung funktioniert auch jetzt schon nicht mehr." (riss, 6.5.2015)