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Netflix-Gründer Reed Hastings prognostiziert, dass es in 20 Jahren kein herkömmliches Fernsehen mehr geben wird. Netflix sieht er als Pionier im Bereich Internet-TV.

Foto: APA/EPA/HERBERT NEUBAUER

2007 begann die Republica als Treffen von rund 700 Bloggern, neun Jahre später marschieren bei dieser wichtigsten Konferenz im deutschsprachigen Raum zu Digitalthemen mit mehr als 6000 Teilnehmern auch US-Firmenchefs wie Netflix-CEO Reed Hastings auf. Bevor er eine der zentralen Reden am Eröffnungstag des dreitägigen Branchentreffs hielt, gab er einige Interviews in seinem Hotelzimmer, das extra mit Polstern, auf denen das Netflix-Logo prangte, ausgestattet worden war.

Firmenchef zufrieden mit Österreich-Start

Der betont lässig auftretende Firmengründer, Jahrgang 1960, gab sich im STANDARD-Gespräch mit der Entwicklung des Online-Streamingdienstes acht Monate nach dem Start in Österreich "sehr zufrieden mit dem Wachstum der Mitglieder und der Kundenzufriedenheit". Um "das Wissen nicht mit unseren Mitbewerbern zu teilen", will er keine konkreten Zahlen nennen - nicht für Österreich, auch nicht für Europa, nur so viel: "Vor sechs Monaten hatten wir mehr als 15 Millionen Kunden, jetzt mehr als 20 Millionen außerhalb der USA, das inkludiert Österreich." In den USA gibt es mehr als 41 Millionen Abonnenten, im vergangenen Vierteljahr kamen mehr als zwei Millionen dazu.

Ob er an seinem Ziel, in fünf Jahren in jedem dritten Haushalt in Österreich mit Netflix vertreten zu sein, nach den bisherigen Erfahrungen festhalte? "Ja, das wollen wir erreichen", antwortet Hastings mit einem breiten Lächeln.

Vizepräsident Joris Evers, der in den Niederlanden sitzt, ergänzt, dass man in Österreich insbesondere mit der Partnerschaft mit T-Mobile sehr zufrieden sei. Und dass allgemein Serien auf großes Interesse stoßen.

Intern wisse man sehr wohl, wie viele Mitglieder es in Wien gebe, wie viele das Angebot über Handy nutzten, sagt Hastings. So viel verrät er: Die Nutzungsraten in kleineren Ländern seien prozentuell gesehen höher, denn diese "tendieren dazu, sich mehr nach außen zu orientieren. Österreich, die Schweiz, die entwickeln sich sehr gut. Das war auch in Irland so, die waren vor Großbritannien, das erst später aufgeholt hat."

Expansion in 20 Monaten

Für die nächsten 20 Monate hat sich Hastings ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Netflix, bisher in 50 Ländern vertreten, wolle rund um den Globus verfügbar sein. "Internet und Video, das hebt ab, das ist so wie beim Mobiltelefon." Vor fünf Jahren habe es kaum iPhones gegeben, in einigen Jahren werde ein Super-iPhone auf dem Markt sein.

Seine These, dass es in zwanzig Jahren das lineare Fernsehen nicht mehr geben werde und Streamingdienste abheben werden, trug er später auch auf der Republica vor. Qualität werde immer wichtiger, vor allem im Sportbereich. Populär sind nach Angaben von Hastings vor allem eigens produzierte Serien wie "House of Cards". "Das war ein toller Erfolg." Die Ausstrahlungsrechte für die neueste Staffel liegen im deutschsprachigen Raum jedoch bei Sky.

Keine Pläne für Österreich

Pläne für deutschsprachige Eigenproduktionen hat er derzeit nicht. Netflix strahle möglichst viele Filme im Original aus. Auch eigene Nachrichten sind kein Thema, das überlasse man etwa Vice. "Wir versuchen, im Filmbereich stark zu sein."

Hat er von der vom ORF mitfinanzieren Konkurrenz Flimmit in Österreich gehört? "Ja, das ist großartig!" Warum? "In gewisser Weise sind wir Pioniere. Die BBC hat das auch gemacht. Die Leute gewöhnen sich dann schneller an Filme auf Abruf und Fernsehen über Internet." Auch der zu Time Warner gehörende US-Bezahlsender HBO, der Mitte April mit Now einen Streamingdienst gestartet hat, sei eine Konkurrenz, räumt er auf Nachfrage ein.

In zwanzig Jahren gebe es ohnehin nur noch Sender, öffentlich-rechtliche wie private, die sich umgestellt und auf das Internet eingestellt hätten. "Nur TV-Anstalten, die sich anpassen, werden überleben", meint Hastings. (Alexandra Föderl-Schmid aus Berlin, 6.5.2015)