Julia Rüdiger, Dieter Schweizer (Hg.), "Stätten des Wissens - Die Universität Wien entlang ihrer Bauten 1365-2015". € 39,- / 268 Seiten. Böhlau-Verlag, Wien 2015

Cover: Böhlau

1752 fasste Maria Theresia den Entschluss, die an Platznot leidende Universität Wien in großzügigeren Räumlichkeiten unterzubringen. 1754 wurde die Zusammenfassung der damals bestehenden vier Fakultäten schließlich zum Programm erhoben "und damit die Zusammengehörigkeit aller akademischen Disziplinen im Sinne der Umsetzung der 'universitas' betont", schreibt Werner Telesko in seinem Beitrag zum Sammelband "Stätten des Wissens - Die Universität Wien entlang ihrer Bauten 1365- 2015".

Die Publikation versammelt im runden Jubiläumsjahr der Uni Wien Entstehungsgeschichte und Kontextualisierung ihrer Bauten. Aktuelle Fotografien sowie historische Stadtpläne und Kupferstiche begleiten die Essays von Kunsthistorikern, Architekturkritikern und Wissenschaftsforschern.

Das Buch verbindet die historische Entwicklung der Universität Wien mit der Baugeschichte und illustriert den Wandel an die Anforderungen von Unigebäuden. Wie auch in Teleskos Beitrag zeigt sich dabei oftmals, dass die Gebäude der Universität "von Beginn an mehr als nur Behausung oder reine Funktionsbauten" sind, wie Dieter Schweizer, Mitherausgeber des Bandes, in der Einführung schreibt. Sie sind ein "identitätsstiftendes öffentliches Zeugnis des Selbstverständnisses ihrer Körperschaft".

Im Falle des von Maria Theresia in Auftrag gegebenen "Universitätshauptgebäudes", das 1755 fertiggestellt wurde, äußerte sich das etwa in der malerischen Ausstattung: So spielte die Visualisierung aller Wissenschaften im Bibliotheksfresko von Anton Herzog eine zentrale Rolle, um deren Zusammengehörigkeit und Einheit zu symbolisieren. Wie bei Telesko zu lesen ist, rühmte der Wiener Jesuit und Professor für Beredsamkeit, Georg Maister, den Neubau als "Burg allgemeinen Glücks", als "Hoffnung Österreichs" und gar als "Firmament des Friedens, der Religion, der Gerechtigkeit und des allgemeinen Wohls".

1848 wurde die Aula zum zentralen Versammlungsort der Revolution. Nach deren Niederschlagung wurde die Universität vom Militär besetzt und die Studenten vertrieben. Das Gebäude wurde 1857 der Akademie der Wissenschaften übergeben, die Universität zog in den "Palast der Wissenschaft" des Architekten Heinrich Ferstel am Ring weiter, mit dessen Bau 1877 begonnen wurde.

Über die Jahrhunderte hinweg zeigt sich bei der Universität Wien ähnlich wie in anderen europäischen Unistädten, dass in den ersten Jahrhunderten eine langsame Phase der baulichen Entwicklung stattfand. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es eine Phase des Wachstums, die sich sowohl in der flächenmäßigen Ausdehnung wie auch in baulicher Vielfalt niederschlug.

In der jüngsten Geschichte der Universität Wien erfolgten die größten baulichen Erneuerungen neben mehreren Neubauten - einer der spektakulärsten ist wohl das sogenannte Juridicum in der Schottenbastei 10-16 - durch die Eröffnung des Unicampus am 16. Oktober 1998. Das Areal von rund 96.000 Quadratmetern, auf dem zuvor das Allgemeine Krankenhaus beheimatet war, erhielt die Universität als Geschenk von der Stadt Wien. Doch auch durch den Unicampus wurde die Universität Wien nie zu einer Campusuni. Bis heute ist sie über rund 80 Standorte quer durch Wien verstreut. Und so liest sich die Baugeschichte der Uni auch wie ein Stück Stadtchronologie. (Tanja Traxler, DER STANDARD, 6.5.2015)