Daniela Kraus, Geschäftsführerin des fjum_forum journalismus und medien wien.

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Wien - Unicorns, zu deutsch Einhörner, werden in den USA Journalisten genannt, die über eine sehr seltene und überaus gefragte Fähigkeit verfügen: Sie sind mit traditionellem Journalismus vertraut, kennen aber gleichzeitig die Terminologie der Webentwickler. Der Medienberater und Journalistentrainer Peter Berger erklärt den neuen Modebegriff der Medienwelt in einem kurzen Interview.

Was genau versteht man unter "Unicorns"?

Berger: Sie sind seltene Geschöpfe in Redaktionen, die nicht nur Nachrichten und Reportagen schreiben können sondern auch Grundkenntnisse in HTML und Javascript beherrschen. Unicorns bilden – in fortschrittlichen Redaktionen – die Schnittstelle zu den Webentwicklern. Erst ihre Arbeit ermöglicht es, dass Journalisten und Programmierer in dieselbe Richtung marschieren. Diese Leute haben verstanden, dass auch Codieren eine Kunst ist, nicht nur die meisterhaft geschriebene Geschichte. Sie wissen, dass guter Webjournalismus nur entsteht, wenn Entwickler und Redakteure gemeinsam arbeiten.

Ist das Programmieren heute schon wichtiger als das journalistische Kerngeschäft, also Recherche, Interviews, Features und Reportagen?

Berger: Nein. Beides hat denselben Stellenwert. Nur brauchen wir heute starke Storys, die multimedial geschickt präsentiert werden. Die Inhalte liefert der Redakteur; die Tools steuert der Programmierer bei.

Wie schwer ist es zum Unicorn in Redaktionen zu werden?

Berger: Überhaupt nicht. Man muss nur Spaß an Webtechnik haben. Unicorns sind keine oder nur sehr selten professionelle Programmierer. Das ist ein anderer Beruf. Aber die Unicorns kennen die Websprachen und schrecken nicht zurück, wenn sie Quellcodes sehen.

Sind die notwenigen Fähigkeiten des Programmierens leicht erlernbar oder benötige ich dafür eine eigene Ausbildung?

Berger: Wer sein Geld als Programmierer verdienen will, benötigt sehr, sehr viel Wissen. Das kann man nicht nebenbei erlernen. Allerdings: In Programmiercodes wühlen können viele und das kann man relativ leicht erlernen.

Glauben Sie, dass Grundkenntnisse des Programmierens in Zukunft Teil der journalistischen Ausbildung sein werden?

Berger: Ja. Wer im digitalen Journalimus bestehen will, wird Grundkenntnisse benötigen. In den USA wechseln viele kluge Journalisten zu Medienhäusern, die ihnen die Möglichkeit bieten, tolle Multimedia-Geschichten zu erzählen. Das Content Management System als Argument bei der Talentsuche - wer hätte das gedacht? (Daniela Kraus, 5.5.2015)