Wien – Vor fünf Jahren und einem Tag ist in Kärnten der Konkurs über die Krumpendorfer Finanzgruppe AvW eröffnet worden. Mehr als 12.500 Anleger haben bei der Pleite in Summe an die 500 Millionen Euro verloren – AvW-Gründer und Exchef Wolfgang Auer-Welsbach ist ins Gefängnis gewandert.

Vergangenen Mittwoch hat nun das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Republik Österreich in die Pflicht genommen. Der Staat muss im Rahmen der Amtshaftung für den Schaden der klagenden Anleger zahlen, heißt es in dem 258-seitigen Urteil, das freilich noch nicht rechtskräftig ist. Der Grund dafür, in der Kurzfassung: Die damalige Finanzmarktaufsichtsbehörde habe ihre Beaufsichtigungspflichten bei der AvW nicht erfüllt.

Angestrengt haben das Musterverfahren, in dem mehrere Fälle zusammengelegt wurden, die Anlegeranwälte Erich Holzinger, Harald Christandl und Gerd Mössler. Es geht um Vorgänge von Anfang der 2000er-Jahre; verantwortlich für die Kontrolle war damals die Bundeswertpapieraufsicht (BWA), also die Vorgängerin der heutigen FMA. Entschädigt werden sollen Anleger, die ab dem Jahr 2002 Genussscheine gekauft haben.

Abstand nehmen

Laut dem Urteil hätten den Prüfern von der BWA bereits 2000/2001 massive Zweifel an der Genussschein-Konstruktion, mit der Auer-Welsbach sein Unternehmen aufgebaut hatte, kommen müssen. Schon damals habe es Hinweise auf betrügerische Vorgänge gegeben. Wie berichtet hat die BWA die Berechnungsmethoden für den Kurs des Genussscheins bereits am 18. April 2001 als "unüblich, willkürlich und nicht nachvollziehbar" erkannt – geschehen ist aber: nichts.

Der Richter stellt nun fest, dass die BWA die Gesellschaft so lange hätte prüfen müssen, bis der Verdacht auf Gesetzesverstöße entkräftet gewesen wäre, das hätte bei der Kursbildung "aber nicht gelingen können". Der Richter führt aus: "Die Unterlassung weiterer Prüfungen beziehungsweise sogar einer Strafanzeige war ... unvertretbar rechtswidrig." Die BWA hatte damals laut ihrem Aktenvermerk festgestellt, weitere Prüfungen würden "den ... Wirkungsbereich der BWA überschreiten", zudem lägen "keinerlei Anhaltspunkte" für einen Bereicherungsvorsatz Auer-Welsbachs vor. Der damalige Chef der BWA-Rechtsabteilung empfahl daher "von einer Anzeigeerstattung Abstand zu nehmen". Explodiert ist die Causa AvW dann erst im Herbst 2008. (APA; gra, DER STANDARD, 5.5.2015)