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Garching - Eine der bekanntesten Aufnahmen des "Hubble"-Weltraumteleskops zeigt gewaltige, zehn Lichtjahre lange Pfeiler aus Staub. Die rund 7.000 Lichtjahre entfernten Formationen bilden zusammen mit dem nahegelegenen Sternhaufen NGC 6611 die Sternentsehungsregion des Adlernebels Messier 16 oder kurz M16 (im Bild) . Der Nebel und die dazugehörigen Objekte befinden sich in einer Entfernung von etwa 7.000 Lichtjahren im Sternbild Serpens (die Schlange). Nun haben Astronomen haben mit dem dem Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) am Very Large Telescope (VLT) der ESO die erste vollständige dreidimensionale Ansicht dieser berühmten "Säulen der Schöpfung" erstellt.

Foto: REUTERS/T.A. Rector and B.A. Wolpa

Die Beobachtungen zeigen, wie sich die staubhaltigen Strukturen im Raum verteilen und machen viele neue Details sichtbar - darunter auch ein bislang unbeobachteter Materiestrahl, der von einem jungen Stern ausgestoßen wird. Intensive Strahlung und starke Sternwinde, die von den hellen Sternen des Sternhaufens im Adlernebel ausgehen, haben die bizarren Formen der Säulen im Laufe der Zeit geschaffen – und werden sie in etwa drei Millionen Jahren völlig verdampft haben.

Die Säulen der Schöpfung sind ein klassisches Beispiel für langgestreckte Strukturen, die sich in großen Gas- und Staubwolken herausbilden, in denen neue Sterne entstehen. Säulenartige Gebilde entstehen durch die intensive Ultraviolettstrahlung und den starken Sternwind, den junge und heiße blauweiße O- und B-Sterne aussenden. Beides treibt das dünne Material in der Umgebung auseinander.

Illu.: ESO/M. Kornmesser

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Dichtere Bereiche aus Gas und Staub können die Verdampfung dagegen länger widerstehen und hinter solchen Staubansammlungen ist die Materie vor der starken Strahlung der O- und B-Sterne geschützt. Sozusagen wie hinter einem Schutzschild bilden sich Ausläufer, die man auch als Elefantenrüssel bezeichnet. Wir sehen sie als staubige, säulenartige Gebilde, die von den hellen Sternen wegzeigen.

Das MUSE-Instrument der ESO am Very Large Telescope hat mit seiner unerreichten Detailschärfe den Astronomen jetzt durch die Betrachtung ihrer räumlichen Anordnung zu neuen Erkenntnissen über die fortschreitende Auflösung der Säulen der Schöpfung verholfen.

Foto: REUTERS/NASA/ESA/Hubble Heritage Team

MUSE hat gezeigt, dass das Ende der linken Säule auf die Erde gerichtet ist und auf einer weiteren Säule sitzt, die sich im Gegensatz zu den anderen Säulen in Wirklichkeit hinter NGC 6611 befindet. Diese Spitze ist es, die die meiste Strahlung von NGC 6611 abbekommt und sie erscheint uns daher heller als die Säulen unten links, in der Mitte und rechts, deren Enden nicht in unsere Richtung weisen.

Die Astronomen würden gerne besser verstehen, wie die jungen O- und B-Sterne in NGC 6611 die Entstehung weiterer Sterne beeinflussen. Unzählige Studien haben nämlich Protosterne in diesen Staubwolken entdeckt, die sich gerade erst bilden – sie sind also wirklich Säulen der Schöpfung. Die Untersuchung mit MUSE hat beispielsweise auch neue Hinweise auf zwei im werden befindliche Sterne in der linken und in der mittleren Säule sowie auf einen Materiestrom geliefert, der von einem jungen Stern ausgestoßen wird und den vorangegangenen Untersuchungen entgangen ist.

Illu.: ESO

Ob sich in einer Umgebung wie den Säulen der Schöpfung überhaupt noch neue Sterne bilden können, ist fraglich, Da die intensive Strahlung der hellen Sterne, die es bereits gibt, das Säulenmaterial langsam aber sicher abtragen, ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Mit der Messung der Auflösungsrate der Säulen der Schöpfung hat MUSE den Astronomen einen Zeitrahmen vorgegeben, ab dem die Säulen nicht mehr existieren werden.

In einer Million Jahre gehen etwa 70 Sonnenmassen verloren. Basierend auf ihrer gegenwärtigen Masse von etwa 200 Sonnenmassen haben die Säulen der Schöpfung noch eine Lebenserwartung von weiteren 3 Millionen Jahren – auf kosmischen Zeitskalen nur ein kurzer Augenblick. Es scheint also, als wäre "Säulen der Zerstörung" ein ebenso passender Name für dieses bekannte kosmische Gebilde. (red, derStandard.at, 3.5.2015)

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Abstract
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: "The Pillars of Creation revisited with MUSE: gas kinematics and high-mass stellar feedback traced by optical spectroscopy"

ESO