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Der Journalist Takashi Uemura zeigt einen einst von ihm verfassten umstrittenen Artikel über Zwangsprostitution koreanischer Frauen. Der Fall schlägt bis heute Wellen.

Foto: AP / Koji Sasahara

Am 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, machen Organisationen wie Reporter ohne Grenzen alljährlich auf Zensur und Drangsalierung von Journalisten aufmerksam. Betroffen sind längst nicht nur Diktaturen. Berichte über Einschränkungen der Medienfreiheit kommen auch aus Demokratien, wie zuletzt etwa aus Japan.

Ende März sollte der Fernsehkommentator Shigeaki Koga, ein prononcierter Regierungskritiker vom Fernsehsender TV Asahi, entlassen werden. Koga nahm die Entlassung nicht einfach hin, sondern machte sie zum Thema seines letzten spektakulären Auftritts in dem Nachrichtenmagazin, in dem er bis dahin einmal im Monat die japanische Politik kommentiert hatte.

Atmosphäre der Kameraderie

Im Foreign Correspondent Club of Japan erläuterte Koga seine Sicht der Dinge - und das subtile System von Meinungsunterdrückung durch die Regierung mithilfe eines gut gepflegten Naheverhältnisses zu Topleuten aus den Medien. In einer Atmosphäre der Kameraderie würden den Medienleuten die Forderungen der Politik an ihre Berichterstattung unterbreitet. Japanische Chefredakteure und Herausgeber, so Koga, seien für Einladungen hochgestellter Politiker sehr empfänglich - und bereit, sich politischem Druck zu beugen, bevor er als solcher richtig erkennbar ist.

Es gibt jedoch auch schärfere Formen der Einflussnahme. Die liberale Tageszeitung Asahi Shimbun etwa hat sich voriges Jahr für eine angeblich gefälschte Artikelserie über Zwangsprostitution koreanischer Frauen während der japanischen Besatzung Koreas entschuldigt. Die Affäre liegt fast 20 Jahre zurück, die aktuelle Entschuldigung löste dennoch eine Welle von Kritik aus: Regierungsnahe Medien und rechtsradikale Gruppen im Internet starteten eine von der Regierung wohlwollend betrachtete Kampagne, um das Renommee der Asahi Shimbun zu beschädigen. Premierminister Shinzo Abe persönlich bezeichnete die Zeitung als "vaterlandslos".

Korrespondenten unter Druck

Auch Berichterstatter ausländischer Zeitungen sind Zeugen von Eingriffen in die Pressefreiheit. So wurde der ehemalige Japan-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Carsten Germis, wegen seiner Berichterstattung über den Umgang der Regierung mit Japans imperialer Vergangenheit mehrmals ins Außenministerium bestellt. Als das nichts fruchtete, bat der japanische Generalkonsul in Frankfurt die Redaktion der FAZ um ein Gespräch. Gegenüber Germis' Vorgesetztem soll er den Verdacht geäußert haben, Germis erhalte Zuwendungen aus China. Eine Mitarbeiterin des Außenministeriums bestritt später, dass der Generalkonsul derartige Beschuldigungen vorgebracht habe.

Die Ernennung von zwei rechtsradikalen Publizisten, die dem Premier persönlich nahestehen, in den Aufsichtsrat des öffentlich-rechtlichen Senders NHK gilt als weiterer Versuch, Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen und nach innen und außen ein Bild Japans zu zeichnen, das der Regierung in Tokio genehm ist. (Siegfried Knittel aus Tokio, DER STANDARD, 2.5.2015)