Wien – Vier Wochen nach dem geplanten Termin für die Wahl eines neuen Rektors an der Medizinischen Universität Wien (MUW) macht der MUW-Universitätsrat bei seiner nächsten regulären Sitzung am 26. Mai einen neuen Anlauf, um einen Nachfolger für den amtierenden Rektor Wolfgang Schütz zu wählen. Die für vergangenen Dienstag angesetzte Wahl wurde überraschend verschoben.

Ein früherer, außertourlicher Termin habe sich für die fünf Ratsmitglieder nicht finden lassen, sagte Uniratsvorsitzender Erhard Busek am Donnerstag im STANDARD-Gespräch. Wie berichtet will das Gremium "vollständig" wählen, obwohl das das Unigesetz nicht vorschreibt. Der frühere Ärztekammerpräsident Walter Dorner war am Wahltag wegen eines Spitalsaufenthalts nicht anwesend, er möchte aber gern mitwählen, hatte Busek bereits erklärt.

Der durch die Wahlordnung vorgegebene Fristenlauf - "innerhalb von vier Wochen ab Vorlage des Dreiervorschlags des Senats" - sei dadurch auch nicht betroffen, sagte Busek zum STANDARD: "Wir rechnen vom Termin der Zustimmung der Gleichbehandlungskommission." Der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen, der eine Woche Zeit gehabt hätte, bereits am Montag (27. April) und legte keine Beschwerde ein. Der Senat hatte den Dreiervorschlag der Findungskommission am Freitag (24. April) bestätigt.

Dreiervorschlag Auff, Müller, Schmidt

Der Unirat wäre auch schon am vergangenen Dienstag beschlussfähig gewesen, weil das Unigesetz lediglich "mehr als die Hälfte" der Uniratsmitglieder persönlich anwesend vorschreibt. Zur Wahl stehen laut Dreiervorschlag: Eduard Auff, Leiter der Uniklinik für Neurologie an der MUW, Vizerektor Markus Müller, Leiter der Uniklinik für Klinische Pharmakologie an der MUW, und Harald Schmidt, Leiter des Instituts für Pharmakologie an der Universität Maastricht in den Niederlanden.

Im Vorfeld der Rektorswahl gab es Aufregung über ein paar sehr umstrittene Verfahrensdetails. So hält der Verfassungsjurist Heinz Mayer die Ausschreibung für rechtswidrig, weil nicht gesetzeskonform im Mitteilungsblatt der MUW veröffentlicht, wie er im STANDARD-Gespräch erklärte. Das MUW-Rektorat verwies darauf, dass regelkonform ausgeschrieben worden sei – in einer Sonderform des Mitteilungsblatts, den Personalmitteilungsblättern. Auch die der Wahlordnung widersprechende freihändige Aufstockung der Hearingskandidaten von acht auf zehn stuft Mayer als rechtswidrig ein.

Aber neben dem umstrittenen bisherigen Ablauf der Rektoratswahl kämpft Busek auch gegen einen anderen Gegner: die Stadt Wien, die in Sachen AKH mit den Unikliniken der Med-Uni Wien sein Ansprechpartner ist.

Busek empört über Wehsely

Jüngster Anlass, der den Uniratsvorsitzenden der größten Med-Uni des Landes regelrecht empört, ist die Forderung nach mehr Studienplätzen für Humanmedizin, die die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) – einen einstimmigen Beschluss aller neun Landesgesundheitsreferenten mittragend – am Mittwoch "höflich, aber bestimmt" an den Bund formuliert hat. Dieser müsse Verantwortung übernehmen, zumal Wien eine wachsende Region sei.

"Wir sind ja schon jetzt mit allem – Studierenden, Lehrenden, vor allem auch Raum – in der Medizinerausbildung an den Grenzen, und dann sollen wir noch mehr Studierende aufnehmen und qualitätsvoll ausbilden?", fragt Busek. "Die Stadt Wien sollte lieber der Med-Uni Wien Entwicklungsmöglichkeiten geben und nicht irgendwelche Privatspitäler auf Uni-Gründe stellen. Jetzt den Ball an den Bund weiterzuspielen und zu sagen, der soll noch mehr Medizinstudierende an die Med-Unis schicken, ist unverständlich."

Privatspital auf AKH-Gelände

Es gibt Pläne, auf dem Gelände des Universitätscampus beim AKH ein Privatspital zu errichten, für das die Uniqa-Versicherung eine Beteiligung erwägt, auch die Wiener Städtische Versicherung wird in diesem Umfeld genannt. Die Stadt Wien soll im Gegenzug Bauflächen für Wohnungen bekommen.

Rektorat, Senat und Unirat der MUW haben sich gemeinsam strikt gegen das Projekt ausgesprochen, weil sie darin eine "eklatante Fehlentwicklung" sehen. Damit würden die Unikliniken am AKH "der letzten Möglichkeit beraubt werden, für den Forschungsbetrieb mittel- bis langfristig weitere Laborgebäude zu errichten", erklärte Rektor Schütz Ende März. Auch die Ärztekammer ist dagegen.

Die alte WU und "ein Schweinegeld"

Er habe die Stadt mehrfach ersucht, "uns Möglichkeiten zu geben, aber das Einzige, was mir angeboten wurde, war die alte WU", sagt Busek, "die natürlich abseits vom Schuss und nicht für unsere Bedürfnisse passend ist. Die Medizinstudierenden brauchen die Nähe zum AKH."

Stattdessen wolle die Stadt Wien dort teure Gründe für ein Privatspital zur Verfügung stellen, "auf Kosten der Medizinuni und der Studierenden", kritisiert Busek unter Verweis auf den Raumbedarf der Med-Uni. "Wir haben Räumlichkeiten in der Mariannengasse gekauft um ein Schweinegeld. 47,6 Millionen Euro haben wir als Med-Uni Wien zur Verfügung gestellt, die muss irgendwann der Bund zahlen. Und jetzt hat die Stadt Wien plötzlich Gründe, die sie für ein Privatspital hergibt?" In diesem Umfeld sei eine Forderung nach mehr Medizinstudienplätzen besonders deplatziert, meint der ehemalige ÖVP-Vizekanzler "höflich, aber bestimmt".

Wehsely ist zwar Buseks Ansprechpartnerin in der Sache, aber mehr Medizinstudienplätze wollen alle Landesgesundheitsreferenten. Das haben sie am Mittwoch bei einer Konferenz in Baden vereinbart. Eine Erhöhung sei Gebot der Stunde, hatte dort der niederösterreichische Gesundheitslandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) gemeint. Er verwies auf andere Rahmenbedingungen durch das Ärztearbeitszeitgesetz, das zu Engpässen führen könne.

Die mit der EU abgestimmte Quote für das Medizinstudium reserviert 75 Prozent der österreichischen Medizinstudienplätze für Inhaber österreichischer Maturazeugnisse, 20 Prozent der Plätze sind für EU-Bürgerinnen und -Bürger und die restlichen fünf Prozent für Studierende aus dem Rest der Welt vorgesehen. (Lisa Nimmervoll, derStandard.at, 30.4.2015)