Ein Haus mit Sichtluke zum Sternenhimmel setzte Architekt Elmar Ludescher für seine Familie auf einen Felsen hoch über der Bregenzer Altstadt. Über das Wohnen mit Holz sprach er mit Jutta Berger.

"Als ich das Grundstück hier am Mildenberg zum ersten Mal besichtigt habe, war ich hin und weg von diesem Ort: Ein schmaler Rücken zwischen Bach und Abhang, total exponiert. Ich bin dann heim - es war Angelikas Geburtstag -, und hab zu ihr gesagt: ,Wenn ich jemals ein Haus für uns baue, dann dort oben.'

Fast wie im erträumten Baumhaus wohnt der Bregenzer Architekt Elmar Ludescher mit seiner Familie auf dem Mildenberg über der Bregenzer Oberstadt. (Bildansicht durch Klick vergrößern)
Foto: Christian Grass

Es ist nicht einfach, als Architekt für sich selbst zu bauen, man ist ja schließlich Architekt und Bauherr in einem. Ich hab lange über das richtige Haus für diesen Ort nachgedacht. Immer wieder sind wir heraufgegangen, haben uns unter die Bäume gesetzt. Es war der Versuch, den Ort zu lesen, aus den Gegebenheiten des Ortes zu lernen und dessen Qualitäten zu intensivieren.

Wir haben über die wunder- bare Laubfärbung im Herbst gestaunt, über die schneebedeckten Schweizer Berge im Winter oder über den Weißenreutebach mit seinen Fischen, die man springen hört. Wir wollten so wenig wie möglich an der Umgebung verändern. Unser Haus sollte die Kraft des Ortes verstärken.

Ich wollte auf den schmalen Rücken, der sich wie ein Kiel Richtung See schiebt, ein Haus bauen, das alle Seiten, die Berge, die Hänge mit den Obstbäumen und den Bodensee, erlebbar macht. Nun genießen wir ein 180-Grad-Panorama. Wenn es rundherum wieder grün wird, fühlen wir uns wie im erträumten Baumhaus.

Den notwendigen Kontrast zum Glas bildet das massive, unbehandelte Holz. Das Haus ist vollständig in astreiner Weißtanne ausgekleidet. Die Einbauschränke bilden mit dem Raum eine Einheit. Zu Holz habe ich seit Kindertagen einen starken Bezug, weil mein Großvater und mein Vater einen Holzbaubetrieb hatten. Mir war sehr wichtig, woher das Holz kommt, wie es eingeschnitten und gelagert wurde. Deshalb habe ich es selbst beim Säger im Bregenzerwald ausgesucht und die Verarbeitung organisiert.

Die Konstruktion des Hauses ist bewusst einfach. Der massive Betonkern aus drei Scheiben bildet quasi die Wirbelsäule. Ein Gebäude sollte nicht zu komplex sein, man soll es verstehen können. Wichtig ist mir das Handwerk, wie die Dinge gemacht sind, sie müssen eine selbstverständliche Präsenz entwickeln.

Unser Wohnraum verändert sich mit den Jahreszeiten. Unterschiedliche Situationen schafft der Lamellenvorhang aus Holz, der das Licht filtert und gleichzeitig Sicht- und Windschutz ist. Die feine Holzstruktur bildet einen weichen Übergang zwischen innen und außen. Im Sommer wird der Vorhang nach vorne, Richtung See, geschoben und schützt die Terrasse, dadurch wird an anderer Stelle der Blick auf überraschende Landschaftsausschnitte möglich. Zusätzlich läuft ein Segeltuchvorhang um die Terrasse, die so zum Sommerzimmer wird. Schließt man die Augen, fühlt man sich wie auf einem Segelboot. Wenn es richtig warm ist, schlafen wir draußen, schauen durch die ovale Luke im Vordach in den Sternenhimmel.

Unser Wohnraum ist schlicht. Der wichtigste Teil ist der Ofen aus Rheintaler Sandstein. Er ist Orientierung, Ruhepol, Wärmespender. Der Ofen hat zwei Teile, den Heizbereich im Inneren und den offenen Kamin im Freien. Im Winter findet unser Familienleben um den Ofen statt.

Um den großen Eichentisch - das Holz kommt noch von meinem Vater - stehen Fundstücke vom Flohmarkt: Kreuzzargenstühle in Ahorn von Max Bill aus dem Jahre 1957. Auf die Papierlampe von Noguchi haben wir monatelang gewartet. Sie ist handgemacht und zaubert ein wunderbares Licht. Ganz wichtig ist für uns die Nische mit der großen Liegefläche. Sie ist Rückzugsort, Theaterbühne für Paulina, manchmal auch Heimkino." (DER STANDARD, 2.5.2015)