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Medienminister Josef Ostermayer.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

New York / Wien - 61 Prozent der Onlinewerbegelder in den USA gehen an fünf Konzerne: Google, Facebook, Microsoft, Yahoo und AOL kamen 2014 auf 27,7 von 45,5 digitalen Euro-Werbemilliarden in den USA. Und sie sichern sich 50 Prozent der Bannerwerbung. 24 Prozent gehen allein an Facebook, schreibt das Pew Research Center im neuen Bericht zur Lage der US-Medien 2015.

Stunden nach der Veröffentlichung von State of the News Media, Sky Bar über der Wiener Kärntner Straße: Der Privatsenderverband ruft wieder zur Mediendebatte, der Minister kommt, der ÖVP-Mediensprecher, Chefs von ORF und Zeitungsverband.

"Schulterschluss"

Wort auch dieses Medientages: "Schulterschluss". Gemeinsam soll es gegen Google, Youtube, Facebook und Co gehen. Sie nutzten Medieninhalte, ohne sie gehörig abzugelten. TV und Radio unterliegen rigiden Beschränkungen und Abgaben - die Giganten praktisch keinen.

Schulterschluss ist ein Klassiker österreichischer Medienpolitik: Die Medien sollen sich erst einigen, dann setzt die Politik um. Ein pragmatischer Ansatz, der manche Veränderung blockiert.

Eine Medien-Reformkommission im Bundeskanzleramt soll Vorschläge für eine Modernisierung des rechtlichen Rahmens für den digitalen Medienmarkt erarbeiten. Dies schlug Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) vor.

Gesetzliche Nachschärfungen geplant

Österreichs Medien sollen so im internationalen Wettbewerb gegen globale Player gestärkt werden. "Ich bin gerne zur Unterstützung gegen die großen Giganten bereit. Voraussetzung ist aber, dass es einen nationalen Schulterschluss der Medienakteure gibt", sagte Ostermayer. Denkbar wären gesetzliche Nachschärfungen bei Urheberrechtsfragen, Datenschutz und Steuerbestimmungen, so diese auf österreichischer und nicht auf europäischer Ebene umgesetzt werden könnten. Die Medien-Reformkommission soll demnach klären, "wo es im Regelwerk nationalen Spielraum gibt".

"Schulterschluss" der Medien

Klaus Schweighofer, Vorstandsvorsitzender des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), wies zuvor auf einen "existenziellen Wettlauf mit globalen Giganten" hin. Die Medienbranche stünde vor einem der größten Umbrüche der letzten 50 Jahre. "Wir befinden uns in einem Wettlauf mit sehr brutalen Regeln. Es geht um Verdrängung, Zerstörung und Monopole. Und es geht darum, ob es in zehn Jahren noch österreichische Medien gibt." Es brauche "faire Wettbewerbsbedingungen, gezielte Unterstützung in rechtlicher und finanzieller Hinsicht" sowie einen "Schulterschluss" der gesamten Medienbranche.

Werbeabgabe soll ausgeweitet werden

Dieser zeichnete sich auch gleich bei einem konkreten Thema ab. So sprachen sich die Privatsender, der ORF sowie der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) bei der Veranstaltung unisono dafür aus, die Werbeabgabe, die derzeit nur bei Werbeschaltungen in klassischen Medien wie Fernsehen, Radio und Print abzuführen ist, künftig auch auf digitale Werbeformen auszudehnen, und dafür den derzeitigen Steuersatz von 5 Prozent bei breiterer Basis zu reduzieren. Medienvertreter sehen in der derzeitigen Praxis ein Ungleichbehandlung gegenüber Anbietern wie Google oder Facebook.

Breitenecker: "Medienregulierung"

VÖP-Vorstand und Puls 4-Chef Markus Breitenecker ortete generell "Bedrohungspotenzial" durch die "Big Five" Facebook, Google-YouTube, Amazon, Apple "und alle anderen zusammen". Die regionale Politik müsse deshalb schnell und entschlossen handeln und sowohl in Brüssel, als auch in den europäischen Einzelstaaten eine konvergente Medienregulierung beschließen. Darüber hinaus sprach sich der TV-Manager für eine Neuverteilung der Medienförderung aus. "Jährlich wird über eine Milliarde Euro an öffentlichem Geld in das Mediensystem gepumpt. 800 Millionen Rundfunkgebühren, von denen 600 Millionen der ORF erhält, und über 200 Millionen, die über Inserate verteilt werden. Diese Milliarde muss in Zukunft so verteilt werden, dass nicht der Wettbewerb innerhalb der Gruppe der regionalen Medien angeheizt, verzerrt oder gar unfair beeinflusst wird." Österreichs Medien müssten darüber hinaus mit innovativen Angeboten auf die Silicon Valley-Konzerne reagieren.

Auch ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel plädierte für eine Neuaufstellung der Medienförderung. Die Medien müssten in Zeiten knapper Ressourcen aber auch selbst für neue Geschäftsfelder und Einnahmen sorgen. Zu bedenken gab Blümel, dass auch der ORF nicht von der Medienkonvergenz ausgeschlossen werden dürfe.

Wrabetz erneuert Forderung nach Aus für App-Verbot

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich über die VÖP-Initiative eines gemeinsamen Vorgehens froh. "Die europäische Medienregulierung muss sich beschleunigt mit diesen Themen auseinandersetzen", sagte Wrabetz. Es gebe bereits einiges, was in die richtige Richtung laufe, "nichtsdestotrotz muss man bei Kleingedrucktem immer aufpassen". So warnte der ORF-Chef etwa vor Überlegungen, "Geo-Blocking" innerhalb der EU aufzuheben. Dies hätte vor allem für Sender kleinerer Staaten gravierende Nachteile bei der Film- und Serien-Produktion oder auch bei Sportrechtefragen. Der ORF-General sprach sich auch für eine Aufhebung des App-Verbots für den ORF aus. "Das ist ein Beschränkung, die nicht mehr zeitgemäß ist." In Österreich seien in den vergangenen Jahren insgesamt 300 Millionen Apps herunter geladen worden, davon drei bis vier Millionen ORF-Apps. "Das ist ein Marktanteil von 1,5 Prozent. Der ORF würde auch keinen höheren Marktanteil erzielen, dürfte er Apps uneingeschränkt anbieten", meinte Wrabetz.

Daneben sprach sich der ORF-Chef für eine Aufhebung der Werbezeitenbeschränkung für Privatsender aus. "Werbezeitenbegrenzungen bei uns sind verständlich, aber warum es das bei den Privaten gibt? Die Werbezeiten von kommerziellen Sendern sollte der Markt regulieren. Das ist ja im Internet auch so", erklärte Wrabetz.

Wettbewerbsverfahren als Hürde

VÖZ-Präsdient Thomas Kralinger forderte gleiche Regulierungsregeln für alle Player und ein Schließen von Schlupflöchern. Ein gemeinsames Vorgehen der österreichischen Medien begrüßte der Verlegerpräsident. "Wir sollten mehr gemeinsam machen", sagte auch Kralinger. Als Beispiel nannte er das ORF-VÖZ-Projekt der gemeinsamen Vermarktung von ORF-TVthek-Inhalten auf den Online-Plattformen verschiedener Verlagshäuser. Kralinger lud auch die Privatsender dazu ein, auf dieser Plattform mitzumachen. Kritik übte Kralinger daran, dass ORF und VÖZ bei diesem Projekt ein langwieriges Wettbewerbsverfahren zu durchlaufen hätten, während es etwa für YouTube solche Hürden nicht gebe.

Kralinger: "Google ist für uns nicht der Feind"

Die jüngste "Digital News Initiative" des Internet-Konzerns Google, mit der dieser 150 Millionen Euro in Digital-Journalismus-Projekte in Europa investieren will, beurteilte der VÖZ-Präsident kritisch. "Google ist für uns nicht der Feind. Viele Verlage kooperieren mit Google. Aber man sieht, dass Google bereit ist einzulenken, wenn es Druck auf Google gibt. Ich sehe da einen engen Zusammenhang mit dem EU-Wettbewerbsverfahren gegen Google." Laut einer IHS-Studie zieht der Suchmaschinen-Gigant allein vom österreichischen Werbemarkt jährlich 150 bis 180 Millionen Euro ab. "150 Millionen bei einem Forschungsbudget von sieben Milliarden sind keine überzeugende Leistung", meinte auch Puls 4-Chef Breitenecker. Der anwesende Google-Vertreter Anton Aschwanden lud Österreichs Medien dennoch zur Teilnahme an der Initiative ein. "Reichen Sie Projekte auf unserer Plattform ein", so der Google-Head of Public Policy für Schweiz und Österreich. (APA, fid, 29.4.2015)