Österreichweit gibt es 27.000 "außerordentliche Schüler".

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Wien – Nicht nur in Wien ist die Zahl der "außerordentlichen Schüler" in den vergangenen vier Jahren massiv gestiegen. Das sind jene Kinder mit Migrationshintergrund, die dem Unterricht in Deutsch noch nicht folgen können, Sprachförderung bekommen, aber nicht benotet werden. Im Schuljahr 2010/11 waren es in Wien rund 7.900 außerordentliche Pflichtschüler, 2014/15 wurden 12.100 registriert. Das ist ein Anstieg von 53 Prozent.

Auch österreichweit wurde nach STANDARD-Informationen ein kräftiger Zuwachs von Schülern mit großen Deutschproblemen festgestellt: Laut Bildungsministerium gab es 2010/11 rund 17.000 außerordentliche Schüler. Zu Beginn des Schuljahres 2014/15 waren es rund 27.000, also um gleich 10.000 mehr als vor vier Jahren. Damit gehen aktuell 45 Prozent aller außerordentlichen Schüler in Österreich in Wien zur Schule. Im Bildungsministerium wird der alarmierende Anstieg in den vergangenen Jahren mit den steigenden Flüchtlingszahlen erklärt. Diese Entwicklung dürfte auch im kommenden Jahr anhalten.

Zusätzliches Geld

"Der Handlungsbedarf wird gesehen", heißt es aus dem Büro von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Wie diese Handlungen konkret aussehen, darüber hält sich die Regierung aber noch bedeckt. Eine Bildungsreformgruppe beschäftigt sich mit der Frage, wie mit den außerordentlichen Schülern umgegangen werden soll. Ein Subthema dabei ist der Punkt, ob und wie dafür zusätzliches Geld in die Hand genommen werden muss. Bis 17. November soll es eine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP geben.

Gegen eigene Vorbereitungsklassen für zugezogene Kinder – wie es zuletzt die Wiener ÖVP-Gemeinderätin Isabella Leeb forderte – sprachen sich am Dienstag Vertreter der Sozialdemokraten aus. Für SPÖ-Klubchef Andreas Schieder wären diese die "schlechteste Lösung". Sozialminister Rudolf Hundstorfer hält "Separat-Klassen" nicht für sinnvoll, er könne sich aber einen "Crashkurs in Deutsch" vor dem Schuleintritt vorstellen.

Mehr Sprachförderassistenten in Kindergärten

Einig zeigten sich SPÖ und ÖVP in der Frage, dass es spezielle Förderprogramme brauche. Zudem müsse bei der Sprachförderung in Kindergärten angesetzt werden. Für Leeb geht diese Förderung nicht weit genug: Sie fordert eine Evaluierung und Verbesserung der Maßnahmen. Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) kündigte an, die Zahl der Sprachförderassistenten in Kindergärten zu verdoppeln.

Der Bildungssprecher der SPÖ Wien, Heinz Vettermann, tritt für die Aufhebung der Deckelung von Sprachförderkursen in Schulen ein. "Wir brauchen hier die Ressourcen des Bundes." Trotz des Anstiegs an außerordentlichen Schülern stehen wie im Vorjahr nur 198 Planstellen in allen Wiener Pflichtschulen für die Sprachförderung zur Verfügung. Erst 2016/17 gibt es laut Bildungsministerium neue Verhandlungen mit dem Finanzministerium.

Probleme im zweiten Jahr

Schüler können bis zu zwei Jahre als "außerordentlich" eingestuft sein. Spätestens dann muss der Spracherwerb so gegeben sein, dass sie als ordentliche Schüler eingestuft werden können. Laut Wiens Stadtschulrat sei durch die Deckelung die Sprachförderung der Schüler nur im ersten Jahr für Grundbedürfnisse sichergestellt. "Für das zweite Jahr schaffen wir es nicht, durchgängig Sprachförderkurse anzubieten", heißt es aus dem Büro von Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ). (David Krutzler, DER STANDARD, 29.4.2015)