Während Tochter Marine den Front National als Partei des kleinen Mannes inszeniert, häufte Patriarch und Parteigründer Jean-Marie Le Pen auf einem Schweizer Bankkonto ein Millionenvermögen an.

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Der französische Front National (FN) geißelt gern die Mauscheleien der Pariser Eliten und Großparteien – für sich selbst beansprucht er hingegen "saubere Hände und aufrechte Haltung". Dazu passt allerdings schlecht die neueste Enthüllung des Pariser Online portals Mediapart. Demnach hat der Gründer der rechtsextremen Gruppierung in der Schweiz 2,2 Millionen Euro gehortet, davon 1,7 Millionen in Goldbarren und -münzen. Das Vermögen soll im Mai 2014 von der Bank HSBC auf das private Institut CBH (Com pagnie Bancaire Helvétique) transferiert worden sein und derzeit auf den Bahamas liegen.

Marine Le Pen "sehr überrascht"

Laut Mediapart liegen diese Informationen der französischen Anti-Geldwäsche-Behörde Tracfin vor; sie seien der Staatsanwaltschaft in Nanterre übermittelt worden. Von den betroffenen Stellen war keine Bestätigung zu erhalten. Auch der FN-Patriarch erklärte nur, er wolle sich vorerst nicht dazu äußern; seine Tochter Marine Le Pen, die ihn vor wenigen Tagen öffentlich wegen eines antisemitischen Spruchs desavouiert hatte, zeigte sich "sehr überrascht".

Offiziell gehören die Millionensummen offenbar einer Treuhandgesellschaft namens Balerton Marketing Limited, die auf den Britischen Jungferninseln eingeschrieben ist. Ihr Inhaber ist laut Mediapart ein gewisser Gérald Gérin. Dieser diskrete FN-Lokalpolitiker gilt in Paris als Le Pens Butler. Der 41-Jährige meinte einmal selbst, er kümmere sich als persönlicher Assistent des FN-Ehrenpräsidenten um "alle üblichen Aufgaben außer die Hausreinigung".

Nicht die erste Finanzaffäre

Auch das garantiert aber keine sauberen Hände. Le Pen senior, der im schicken Westen von Paris ein großes Anwesen besitzt, das er ursprünglich mit einer nicht restlos geklärten Millionenschenkung erworben hatte, musste schon 2013 zugeben, dass er in den Achtzigerjahren ein Konto bei der Schweizer Bank UBS geführt hatte. Die französische Justiz ermittelt seither wegen undeklarierter Vermögen im Umfang von 1,1 Millionen Euro. Laut unbestätigten Meldungen hatte auch Gattin Jany Le Pen bis 2008 ein Konto bei der Crédit Suisse.

Seit einigen Wochen laufen zudem Ermittlungen gegen Angestellte von FN-Abgeordneten in Straßburg: Sie sollen auf der Lohnliste des Europäischen Parlaments stehen, in Wahrheit aber für die Partei tätig sein – was den Tatbestand der Veruntreuung öffentlicher Gelder erfüllen würde. Auch eine Affäre um illegale Finanztransaktionen zwischen dem FN und Marine Le Pens persön licher Mikropartei "Jeanne" ist Gegenstand eines Justizverfahrens. Schließlich verlangt die sozialistische Fraktion in der Nationalversammlung seit Anfang April eine parlamentarische Untersuchung bezüglich der von Russland gewährten Kredite an den Front National.

Am Freitag, wenn die Frontisten ihr Jahresfest abhalten, wäre damit für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Jean-Marie Le Pen hat vor dem Auftritt bei der Pariser Oper allerdings Redeverbot erhalten. Und Tochter Marine will sich die Hände mit all den Familien- und Finanzaffären sicher auch nicht schmutzig machen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 29.4.2015)