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Internationale Rettungsteams suchen weiterhin nach Überlebenden.

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Zerstörtes Haus in Gorkha, Nepal.

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Trümmer entlang einer Gasse in Bhaktabur nahe Kathmandu.

Foto: EPA/SEDAT SUNA

Kathmandu – Nach dem gewaltigen Himalaya-Erdbeben mit tausenden Toten hat Nepals Regierung drei Tage Staatstrauer angeordnet. Die Helfer finden in dem südasiatischen Land immer mehr Menschen unter den Trümmern. Laut den Behörden in der Hauptstadt Kathmandu wurden bisher über 5.000 Tote geborgen, doch der nepalesische Premierminister Sushil Koirala sagte, es werden 10.000 Todesopfer oder mehr befürchtet.

Die Regierung habe angeordnet, dass die Rettungsarbeiten intensiviert würden, sagte der Regierungschef am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Sein Land benötige jetzt Hilfe von außen – vor allem Zelte und Medikamente. Mindestens 8.000 Menschen seien bei dem Beben nach aktuellem Kenntnisstand verletzt worden. Todesopfer gibt es auch in den Nachbarstaaten Nepals, auf chinesischer Seite stieg die Zahl der Toten auf 25, in Indien starben 72 Menschen.

Regierung: "Nicht genügend Mittel"

Die Regierung erklärte außerdem erstmals öffentlich, trotz zahlreicher Warnungen vor einem bevorstehenden großen Beben nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. "Wir haben nicht genügend Mittel, und wir brauchen mehr Zeit, um alle zu erreichen", erklärte Innenminister Bam Dev Gautam im staatlichen Fernsehen. Die Behörden hätten Schwierigkeiten, die Krise zu meistern. "Wir waren auf ein Desaster dieses Ausmaßes nicht vorbereitet", sagte er.

Hauptstadt ohne Strom

In der Hauptstadt des Himalaya-Landes gebe es derzeit keinen Strom und kaum Trinkwasser, sagte Philips Ewert, Einsatzleiter der Hilfsorganisation World Vision vor Ort. Alle großen Geschäfte und Banken seien geschlossen. "Außerdem wollen viele Menschen in ihre Heimatdörfer fahren und schauen, wie es ihren Familien geht", sagte Ewert. Auf Fotos waren völlig überladene Lastwagen und Busse zu sehen, die Kathmandu verließen. Bisher soll eine Viertelmillion Menschen das Tal verlassen haben.

Umgekehrt drängten tausende Menschen in Richtung des Flughafens von Kathmandu, um das Land so schnell wie möglich zu verlassen. Als einziger internationaler Flughafen Nepals gleicht er einem Nadelöhr, das auch Helfer und Güter passieren müssen.

Hilfe auf dem Land nur schleppend

Die internationale Hilfe läuft indes weiter, kommt in den ländlichen Gebieten aber nur schleppend voran, weil viele Straßen durch Erdrutsche blockiert, Dörfer von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten sind. Ein erster Hubschrauber aus Indien landete am Dienstag in dem schwer getroffenen Bezirk Gorkha, in dem die Menschen seit dem Beben auf sich allein gestellt waren.

Mit ausgestreckten Armen rannten Einwohner von Gorkha auf den Hubschrauber zu, baten um Wasser und Nahrung und darum, in Sicherheit gebracht zu werden. "Der Boden hört nicht auf zu beben. Jedes Mal fühlt es sich an, als würden wir gleich sterben. Wir haben nichts mehr zu essen, uns bleibt nichts mehr. Ich will nur weg von hier", sagt die 24-jährige Sita Gurung

Organisationen bitten um Geld

Hilfsorganisationen bitten um finanzielle Unterstützung, und dem kommen auch viele Staaten nach. Die österreichische Bundesregierung bewilligte im Ministerrat am Dienstag 500.000 Euro für die Nepal-Hilfe. Weiters kommen 250.000 Euro für Lebensmittel aus dem Agrarministerium dazu. Auch das Land Tirol stellt 300.000 Euro Soforthilfe für das SOS-Kinderdorf und das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) zur Verfügung. Das gab Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstag bei der Regierungspressekonferenz in Innsbruck bekannt.

"Die Leute sind extrem nervös"

Zwei Helfer des ÖRK sind bereits in Nepal. "Die Leute hier sind extrem nervös", sagte Andrea Reisinger am Montag zur APA. Die Nachbeben lassen die Betroffenen immer wieder aus ihren Häusern fliehen, viele verbringen deshalb mittlerweile seit Samstag die Nächte in Zelten.

Reisinger landete am Montag am späten Abend (Ortszeit) gemeinsam mit ihrem Kollegen Georg Ecker in Nepal. "Wir sind vier Stunden lang in der Luft gekreist, weil 15 Maschinen vor uns in der Landeschleife waren", sagte Reisinger über die Lage am Flughafen von Kathmandu. Am Dienstag schickte das ÖRK mit dem Suchdienstexperten Johannes Guger einen weiteren Helfer nach Nepal.

Auch zwei Mitarbeiter der österreichischen Caritas sind am Dienstag in Nepal angekommen. Die Lage nach dem schweren Erdbeben am Wochenende sei "sehr komplex", sagte der Wiener Andreas Zinggl im Gespräch mit der APA. Positiv sei, dass es bisher "keinerlei Plünderungen oder Gewalt" gegeben habe, die Bevölkerung agiere "sehr diszipliniert".

"Die Krankenhäuser sind überfüllt, die Gebäude auch teilweise eingestürzt, es wird in Zelten operiert", schilderte der Helfer. Es gebe einen Mangel an Blutkonserven, die Menschen seien aufgerufen worden Blut zu spenden. Schulen und auch "99 Prozent" der Geschäfte seien geschlossen, "niemand traut sich in den Häusern zu sein"

Bergsteiger in Sicherheit gebracht

Die Bergsteiger am Mount Everest konnten unterdessen gerettet worden. Sie seien per Helikopter von den Höhencamps 1 und 2 ins Basislager gebracht worden, sagte Ang Tshering Sherpa vom Nepalesischen Bergsteigerverband am Dienstag. Insgesamt hätten 180 Bergsteiger festgesessen, weil die Abstiegsroute von Lawinen zerstört wurde. Die örtliche Polizei sprach zuvor von 205 Geretteten.

Bis zu 22 tote Bergsteiger

Nach dem gewaltigen Himalaya-Erdbeben am Samstag hatte eine Lawine auch Teile des Everest-Basislagers zerstört. Sherpa sagte, dabei seien 18 Menschen gestorben. Der örtliche Polizeisprecher sprach von 17 Toten. Ein Sprecher der Tourismusbehörde gab die Zahl mit mindestens 20 an. Das indische Militär, das bei der Rettungsaktion mithalf, sprach von 22 Toten.

Keine Aufstiege mehr erlaubt

Mehrere österreichische Bergsteiger, darunter der blinde Osttiroler Andreas Holzer und der Grazer Clemens Strauss, befanden sich am Dienstag weiterhin im vorgeschobenen Basislager (ABC, advanced base camp) auf rund 6.400 Meter Höhe auf der chinesischen Seite des Mount Everest. Sie warteten auf eine Entscheidung der chinesischen Behörden bezüglich des weiteren Vorgehens. Zunächst hatten die Behörden keine weiteren Aufstiege erlaubt. Strauss erwartete wegen der Nachbeben ein Scheitern seines Abenteuers.

Das Erdbeben der Stärke 7,8 hatte am Samstag große Teile Nepals sowie die angrenzenden Länder Indien und China erschüttert. Im Bebengebiet leben nach UN-Angaben bis zu acht Millionen Menschen, rund 1,4 Millionen seien auf Lebensmittelhilfen angewiesen. (APA/red, derStandard.at, 28.4.2015)