Klagenfurt - Die Insolvenz eines Bundeslandes wäre wohl nur sehr eingeschränkt möglich. Das ist der Sukkus eines Vortrages des Wiener Universitätsprofessors Michael Potacs am Montagabend bei einem Vortrag an der Universität Klagenfurt. Die von der Bundesverfassung vorgegebenen Einschränkungen würden eine "normale" Insolvenz nach dem Insolvenzrecht unmöglich machen.

Der Vortragsabend war von der Kärntner Rechtsanwaltskammer organisiert worden, der Andrang war so groß, dass die Veranstaltung schließlich im größten Hörsaal der Uni stattfand, wo sich Hunderte Zuhörer, in erster Linie Juristen, eingefunden hatten. Potacs skizzierte eingangs das Ausgangsszenario mit den mehr als zehn Mrd. Euro Haftungen, dem Heta-Moratorium, wobei es aus seiner Sicht fraglich ist, ob dadurch die Haftungen erlöschen würden. Es gebe diesbezüglich bereits Klagen, wie diese ausgehen, sei völlig offen, das Problem habe es bisher in Österreich noch nicht gegeben.

Eine Einstandspflicht des Bundes für Verbindlichkeiten der Länder gibt es laut Potacs im Bundesverfassungsgesetz derzeit nicht. Der Bund habe jedenfalls keine Aufsichts- und Ingerenzmöglichkeiten, was seiner Ansicht nach gegen eine solche Verpflichtung spricht. Nach dem Finanzverfassungsgesetz haben die Gebietskörperschaften den Aufwand für ihre Aufgaben selbst zu tragen. Sein Fazit: nach der Verfassung ist der Bund nicht einstandspflichtig, ebenso wenig nach EU-Recht. Es gebe keine Einschränkungen bezüglich Exekutionen, was Länder oder Bund betrifft, im Gegensatz zu Gemeinden, wo Exekutionsvorbehalte aufgelistet sind.

Grundsätzlich herrsche Einigkeit, dass gegen Bundes- oder Landesvermögen Exekutionen möglich seien, die Frage sei offen, wie weit diese Möglichkeiten gehen, sagte Potacs. In der Verfassung gibt es eine Bestandsgarantie für die Bundesländer und beschreibt ihre Kompetenzen. Dies seien die institutionellen Rahmenbedingungen, um ein funktionsfähiges Staatsgebilde sicherzustellen. Daher könne man davon ausgehen, dass es eine verfassungsmäßige Funktionsgarantie für die Länder gebe.

Landtag- und Amtsgebäude seien ebenso wenig exekutierbar wie gesetzlich festgelegte Gehälter. Die sogenannte Privatwirtschaftsverwaltung, quasi das Privatvermögen des Landes, sei jedenfalls prinzipiell möglich. Das könnte Forstbesitz ebenso umfassen wie etwa Seen. Allerdings brauche man die Privatwirtschaftsverwaltung, damit die Hoheitsverwaltung funktioniere, und diese sei der Exekution entzogen. Wäre dieser Bereich geregelt, wäre er wohl ebenfalls der Exekution entzogen, allerdings nicht vollständig.

Die Frage, ob diese Einschränkungen auch für einfachgesetzliche Regelungen gelten würden, beantwortete Potacs relativ eindeutig mit Ja. Denn auch die Exekutionsordnung enthalte implizit einen Vorbehalt bezüglich der Funktionsfähigkeit der Länder. Sehr problematisch wären in diesem Zusammenhang allerdings die Fragen der Abgrenzung, also zu klären, welche Bereiche des Landesvermögens exekutierbar wären und welche nicht.

Potacs ging dann auch noch auf die Insolvenzordnung ein. In Deutschland sei die Frage von Bund und Ländern klar geregelt, die Insolvenzordnung gilt nicht. In Österreich sei dies anders. In das exekutionsfähige Vermögen könne aber jedenfalls nur jener Teil einbezogen werden, der nicht den Einschränkungen unterliege. Ausschließlich auf dieser Basis könne auch eine Insolvenz abgewickelt werden. Ohne Sanierungsplan gebe es aber auch keine Restschuldenbefreiung, womit wiederum die Sinnfrage gestellt werden müsse, wozu dann überhaupt ein Sanierungsverfahren durchgeführt werden solle. Da stelle sich die Frage, ob man sich nicht vorher mit den Gläubigern einigen sollte. Fest stehe aber: "Es gibt keine hinreichende Klarheit, was alles Insolvenzmasse ist."

Anschließend befasste sich der Universitätsprofessor Stefan Perner mit der Frage, wie der rechtliche Rahmen für die Heta-Abwicklung europarechtlich zu beurteilen ist und ob die Abwicklung rechtswidrig sei. Perner kommt darin zu dem Schluss, dass das "Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit" und die Anwendung dieses Gesetzes auf die Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta unionsrechtlich nicht nur zulässig gewesen sei, sondern sogar eine "europarechtliche Verpflichtung" bestanden habe, dies zu tun. (APA, 27.4.2015)