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Täglich retten die Einsatzkräfte im Mittelmeer Flüchtlinge, die mit ihren Booten in Seenot geraten sind. Italien fordert nun eine Uno-Resolution, dass die Boote in Libyen gar nicht ablegen können.

Foto: EPA/ALESSANDRO DI MEO

Für das Treffen wurde Ban Ki-moon auf das italienische Marineschiff San Giusto geflogen, das an Seerettungen für Flüchtlinge beteiligt ist und das über ein Bordkrankenhaus mit mehreren Operationssälen verfügt. "Ich möchte dem Uno-Generalsekretär physisch und plastisch vor Augen führen, wie die italienischen Einheiten dem Notstand der Bootsflüchtlinge aus Libyen begegnen", hatte Matteo Renzi vor der Begegnung mit Ban Ki-moon erklärt. Italien möchte es nicht mit Rettungsaktionen sein lassen: Er will eine Uno-Resolution, die die Zerstörung der Boote bereits in den libyschen Häfen ermöglichen würde.

Italien fühlt sich mit dem Flüchtlingsansturm nach wie vor allein gelassen. Zwar hatte Renzi in seinem Bemühen, vor dem Heimpublikum jede noch so offensichtliche Niederlage rhetorisch in einen Sieg umzuwandeln, nach dem EU-Sondergipfel von vergangener Woche von einem "gigantischen Schritt" nach vorn gesprochen. Wahr ist aber das Gegenteil: Der italienische Regierungschef kam praktisch mit leeren Händen aus Brüssel zurück. Das einzige Zugeständnis, das die EU-Partner gemacht hatten, war eines, das er gar nicht verlangt hatte: die Verdreifachung der finanziellen Mittel für Triton der europäischen Grenzschutzagentur Frontex.

Weder bei dem Ende 2014 eingestellten Seerettungsprogramm Mare Nostrum noch bei Triton war es Rom je ums Geld gegangen: Selbst das teurere und aus eigener Kraft finanzierte Mare Nostrum hatte gerade einmal 110 Millionen Euro pro Jahr gekostet - ein lächerlicher Betrag im Vergleich zu den Kosten, die anfallen, wenn die Flüchtlinge erst einmal gerettet und an Land gebracht sind. Laut dem italienischen Innenministerium werden allein die Unterbringung und die Verpflegung der Flüchtlinge heuer mehr als eine Milliarde Euro kosten, 400 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Hinzu kommen die kaum bezifferbaren Kosten für die Asylverfahren, um die sich landesweit vierzig Kommissionen und zahlreiche Anwälte kümmern.

1,2 Milliarden Euro Kosten

Die Rechnung ist schnell gemacht: Im Moment befinden sich in den über das ganze Land verteilten Aufnahme- und Asylstrukturen 81.000 Flüchtlinge. Der Staat wendet für pro Kopf und Tag rund 40 Euro auf, was im europäischen Vergleich wenig ist. Selbst wenn die Zahl der Flüchtlinge in diesem Jahr stabil bleiben sollte, ergäbe dies Unterbringungs- und Verpflegungskosten von 1,2 Milliarden Euro. Wahrscheinlicher ist, dass die Zahl der Flüchtlinge heuer steigen wird: Außenminister Paolo Gentiloni rechnet mit einer Viertelmillion Migranten. 2014 waren es 170.000.

Das zentrale Anliegen Roms besteht in einer Revision des Dublin-II-Abkommens, das besagt, dass dasjenige Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Flüchtling erstmals europäischen Boden betritt. Das ist in den meisten Fällen Italien. Rom und andere Mittelmeeranrainer wie Griechenland, Spanien und Malta fordern aber eine Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Mitgliedsländer nach Maßgabe ihrer Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft. (Dominik Straub aus Rom, DER STANDARD, 28.4.2015)